[Rezension] Blade Runner 2019 #2: Off-World – Jenseits der Erde (Comic)

© Panini

Mit dem ersten Band der Reihe bin ich nicht so ganz warm geworden. Zwar ist es dem Autoren-Duo Michael Green und Mike Johnson gelungen, eine grundsolide Stimmung zu schaffen und die dystopische Atmosphäre des Blade-Runner-Universums weitgehend einzufangen, aber eine unsympathische Heldin, die unspektakuläre Handlung und eine in weiten Teilen eher unpassende Koloration trübten das Gesamtbild. Kann Band zwei eher überzeugen?

2026: Sieben Jahre ist es her, seit Blade Runner Aahna Ashinam die vierjährige Cleo Selwyn davor bewahren konnte, von ihrem eigenen Vater, dem Industriemagnaten Alexander Selwyn, aufgrund ihrer einzigartigen genetischen Struktur an die Tyrell Corporation verkauft zu werden. Mit dem Kind im Schlepptau floh Ash ins All, legte sich eine neue Identität zu und fand Unterschlupf in einer Minenkolonie, in der Replikanten unter Einsatz ihres Lebens Tag für Tag die heißbegehrten Rohstoffe abbauen.

Für eine lange Zeit geht das Versteckspiel gut – bis Replikanten den Aufstand wagen und Cleo, die ebenfalls eine neue Identität erhalten und die sich mit einem der dort arbeitenden künstlichen Menschen angefreundet hat, mit sich nehmen. Also macht sich Ash, von der Cleo glaubt, sie sei tot, erneut auf die Suche nach ihrer Ziehtochter, wobei sie Unterstützung von der Blade Runnerin Hythe erhält, die den Vorfall in der Kolonie untersuchen soll. Doch schnell merkt Ash, dass ihre Vergangenheit sie längst wieder eingeholt hat…


MEDIADATEN

…Autor: Michael Green & Mike Johnson
…Zeichner: Andrés Guinaldo
…Übersetzung: Bernd Kronsbein
…Verlag: Panini Verlag
…Original: Blade Runner 2019 Los Angeles
…Format: Softcover im US-Comicheft-Format
…Seiten: 112
…Erschienen: Dez 2020
…ISBN: 978-3-7416-1992-2
…Preis: 15,00 EUR

MEINE MEINUNG
Na, es geht doch! Auch wenn Band 2 nicht mehr im gewohnten Los Angeles spielt, sondern die Handlung ins All verfrachtet wird, tut das der Stimmung keinen Abbruch. Im ersten Moment wirkt das natürlich befremdlich, da das bekannte dystopische Großstadt-Setting verlassen wird, räumt der Entwicklung der Geschichte aber auch neue Möglichkeiten und kreative Räume ein. Und die werden auch genutzt: Der Fokus rückt im ersten Drittel fast vollständig weg von Ash, die ihr Dasein in dem von ihr verhassten Rollstuhl fristen muss, hin zu Cleo, die sich zu einem, nun ja, selbstbewussten jungen Mädchen entwickelt hat. Zwar rückt Ash alsbald wieder zurück in den Vordergrund, doch hat Cleo in dieser Story die wichtigere und intensivere Rolle inne.

Überhaupt gelingt die Charakterzeichnung hier besser als in Band 1, der noch stark mit Stereotypen arbeitete. Zwar bietet auch Band 2 in dieser Hinsicht nichts wirklich Neues – insbesondere Cleo erweckt den Eindruck des klassischen zu-früh-zu-erwachsen gewordenen Kindes –, aber zumindest die Abstufungen sind feiner: Ash spürt, wie Cleo ihr aus der Hand zu gleiten droht, während diese mit ihrer neuen Rolle bzw. Identität zu kämpfen hat und sich gerne offenbaren möchte. Man nimmt beiden Charakteren einfach ab, dass das Leben in der neuen Umgebung alles andere als ein Leichtes ist.

Die Geschichte um den Aufstand der Replikanten ist auch deutlich actionreicher und eingehender als noch in »Los Angeles«, spielt allerdings zu sehr mit Zeitsprüngen. Zwar werden diese stets mit einem entsprechenden Hinweis gekennzeichnet, reißen einen aber immer wieder ein wenig aus dem Fluss, da alles erst einmal in Kontext gesetzt werden muss. Das ist aufgrund der strukturierten Handlung zwar keine geistige Großaufgabe, nervt aber in der Häufigkeit ab der Mitte des Comicbands.

Unterm Stricht gefällt mir »Off-World« deutlich besser als »Los Angeles«. Auch wenn mir der Zeichenstil von Andrés Guinaldo noch immer zu generisch und austauschbar ist, so passt jetzt zumindest die Koloration. Die Intensität der Farben wurde deutlich zurückgeschraubt, meist liegen verwaschene Blau-, Braun- und Gelbtöne auf den Zeichnungen, die eine gewisse Trostlosigkeit vermitteln und die jeweilige Stimmung perfekt unterstreichen. Band 3 kann kommen!

MEINE WERTUNG
4 von 5 Tor-Codes

von: Christophorus

L I N K S

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