[Interview] Karl-Heinz Zapf als Zirkusdirektor von Schnutenbach

hort-titelHallo Karl-Heinz,
vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Könntest Du Dich bitte kurz vorstellen!

Wo fange ich denn da an? Ich bin hier in Deutschland vermutlich ein Rollenspieler der „ersten Stunde“, mit dem guten alten DSA ging es damals los, als ich gerade mal 16 Jahre alt war. Das Hobby hat mich danach bis zum heutigen Tage nicht mehr los gelassen und irgendwann bin ich von fertig gekauften Abenteuern auf selbst geschriebene umgestiegen.

Im Jahr 1989 habe ich dann mit Freunden das Regelwerk „Mächte, Mythen, Moddermonster“ in kleiner Auflage im Eigenverlag veröffentlicht und ich schreibe immer wieder auch mal für diverse Spielemagazine. Ich lese gerne – wenn es die Freizeit denn zulässt – und bin auch begeisterter Live-Rollenspieler … Zur Zeit arbeite ich gerade ziemlich viel für kommende Publikationen rund um Schnutenbach.

Schnutenbach_KrötensteinEnde 2013 ist Der Zirkus des Schreckens für Schnutenbach erschienen. Worum geht es zuerst einmal gefragt bei Schnutenbach und was hat Der Zirkus des Schreckens damit zu tun?

Bei Schnutenbach geht es kurz gesagt um ein kleines Dorf mit allen seinen (manchmal eher schrulligen und seltsamen) Einwohnern. Die Dorfbeschreibung bietet dabei einiges an Material, um damit sehr viele spannende Spielstunden zu verbringen und bietet mehr oder weniger die „Bühne“ für alle weiteren Publikationen.

Der „Zirkus des Schreckens“ – also der erste erschienene, größere Abenteuerband – führt nun noch einige neue und wissenswerte Geschichten, Charaktere und Infos über das Dorfleben ein und hat zudem das Ziel, mit dem Einsteiger-Abenteuer „Die Mission des Magiers“ und natürlich dem namensgebenden, umfangreichen Detektiv-Abenteuer die SpielerInnen so gut als möglich ins Dorf einzuführen.

Dabei ist der Band aber dennoch so universell einsatzbar wie nötig gehalten, damit auch Leute, die sich die Dorfbeschreibung noch nicht angeschafft haben (schämt euch was!), die Abenteuer gut nutzen können.

alexanderWie bist Du auf die Idee gekommen und wie lange hast Du an den Abenteuern gebastelt und gefeilt?

Na ja, einen Abenteuerband zu Schnutenbach herauszugeben war natürlich der erste naheliegende Gedanke, nachdem die Dorfbeschreibung erschienen war. Denn es gibt noch so viele Geschichten zu erzählen! Genau wie bei Schnutenbach selbst war viel Material schon von unserer eigenen Kampagne vorhanden, für die ich die meisten Abenteuer ja ursprünglich einmal geschrieben hatte; daher musste ich dieses Material „nur“ entsprechend anpassen und umarbeiten – was aber mit deutlich mehr Aufwand verbunden war als angenommen. Zunächst einmal war der Schreibstil nicht mehr up to date und viele der Angaben mussten natürlich geändert werden, damit am Ende wirklich ein rundes Produkt daraus wird, das möglichst viele SpielerInnen anspricht. Vor allem die Korrekturen am Ende stellten sich als schier „unendliche Geschichte“ heraus und kosteten mich viele Nerven und so manche schlaflose Nacht.

Aber natürlich wurde nicht nur bereits vorhandenes Material von mir verwendet: „Das Grab des Gruftkönigs“ habe ich eigens für diesen Band völlig neu geschrieben, damit den SpielerInnen auch das Erforschen eines unterirdischen Bauwerks nicht erspart bleibt.

koboldDie Abenteuer sind schön ausgearbeitet, lassen aber genügend Spielraum um die Spieler nicht in vorgefertigte Bahnen zu drängen. Wie viel Augenmerk lag darauf?

Darauf liegt bei mir sehr viel Augenmerk. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich mich nach meinen eigenen langjährigen Erfahrungen als Spielleiter richte. Allzu sehr mit Regeln überfrachtete und die Fantasie einengende Abenteuer sind da ja auch nicht mein Ding.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich einen eher erzählerischen Schreibstil habe, den man natürlich mögen muss. Gerne umschreibe ich lieber möglichst detailverliebt, damit schon beim ersten Durchlesen des Textes ein echtes Bild im Kopf des künftigen Spielleiters entsteht, das er dann an seine Zuhörer weitergeben kann. Ich sehe mich als eine Art (hoffentlich gelungene) Mischung aus Romanautor und Spielleiter – denn tatsächlich sollen meine Abenteuer irgendwo auch immer eine richtige Geschichte erzählen.

anführerDer Zirkus des Schreckens wartet aus meiner Sicht mit drei Abenteuern und einer sehr detaillierten Örtlichkeitsbeschreibung auf. Wie kam es zu dieser Zusammenstellung?

Tja, ich könnte jetzt einfach behaupten, dass das pure Absicht war, das wäre dann aber erstunken und erlogen. Tatsächlich sollte dieser Band ursprünglich nämlich ganz anders aussehen.

Es war geplant, verbindende Kurzgeschichten zwischen den einzelnen Abenteuern zu veröffentlichen, außerdem wurde der Inhalt teilweise komplett von mir ausgetauscht; das ominöse „Gasthaus am Galgenbaum“ wurde anhand von nur wenig vorhandenem Material fast völlig neu von mir verfasst, während dafür einige kürzere Szenarios – u. a. „Das Biest im Waisenwald“ – weichen mussten.

Beim „Gasthaus“ hat mich vor allem angetrieben, dass ich eine richtig schön „böse“ Location für die SpielerInnen schaffen wollte, die für angenehmes Gruseln und entsprechendes Gefahrenpotenzial sorgt. Außerdem ist die farbenfrohe Beschreibung von schillernden Charakteren beim Rollenspiel sowieso schon seit langer Zeit mein Steckenpferd und da konnte ich mich bei diesem von allen Göttern verlassenen Ort wieder einmal so richtig austoben.

Da der Umfang des Bandes aber binnen kürzester Zeit förmlich explodiert ist, war ich dazu gezwungen, irgendwann Dinge zu streichen. Aber keine Bange, dieses Material ist nur aufgeschoben und wird sicher noch publiziert. Vor allem eine besonders tödliche Bewohnerin des Waisenwaldes bei Schnutenbach erwartet schon begierig ihr Erscheinen …

gasthaus_geistMan trifft im Abenteuer immer wieder auf Personen, die man aus dem Grundregelwerk her kennt. Das Ganze wird über einen Verweis geregelt. Daher sei die Frage gestattet, ob man die Beschreibungen nicht hätte übernehmen können?

Dass ich das so nicht gemacht habe hat den einfachen Hintergrund, dass dies immens viel Platz weggenommen und entsprechend den Umfang des Abenteuerbandes extrem aufgebläht hätte. Schaut man sich nämlich so eine Charakterbeschreibung einmal an, dann wird ja klar, dass es mit ein paar kurzen Sätzen nicht getan ist.

Außerdem ist „Der Zirkus des Schreckens“ natürlich nach wie vor eine Erweiterung für „Schnutenbach: Böses kommt auf leisen Sohlen“, daraus wird ja auch kein Geheimnis gemacht. Alle treuen Fans, die sich nun also diesen Band kaufen und da noch einmal die gleichen Beschreibungen wie in der Dorfbeschreibung finden – und die dafür vermutlich aufgrund der erhöhten Seitenzahl auch tiefer in die Tasche hätten greifen müssen – hätten sich da sicher völlig zu Recht beschwert.

In der jetzigen (und meiner Meinung nach für ein reibungsloses Spiel auch sinnvollsten) Form bietet der Abenteuerband hingegen eine ganze Menge an wirklich neuem Material zu einem beachtlich günstigen Preis.

mantikore logo mit schriftzug swDie Abenteuer werden am Anfang kategorisiert, sprich welche Spielerfahrung man haben sollte. Wird so nicht eine „Hürde“ geschaffen?

Das sehe ich gar nicht so. Es bleibt letzten Endes ja immer dem jeweiligen Spielleiter und seiner Gruppe überlassen, an welches Abenteuer sie sich wagen wollen und ein vorheriges Durchlesen bleibt niemandem erspart, der leiten möchte.

Dies ist lediglich als reiner Hinweis zu verstehen, wie gefährlich ein Abenteuer ist und wie fortgeschritten die Gruppe sein sollte. Ich denke, so ein Hinweis gehört mittlerweile einfach irgendwo mit dazu.

Welches der Abenteuer ist Dein liebstes und warum?

In diesem Band gefällt mir eigentlich das relativ einfach aufgebaute und geradlinig strukturierte „Die Mission des Magiers“ tatsächlich am besten. Das mag auch daran liegen, dass ich es vor Erscheinen noch ein paar Mal mit völlig unterschiedlichen Gruppen durchgespielt und dabei gemerkt habe, dass es trotz seiner „old school“-Mentalität enorm viel Freude bereiten kann.

buch7siegel2Kommen wir zur Zukunft. Wie wird es mit Schnutenbach weitergehen? Es sind ja zwei Bände angekündigt. Würdest Du uns ein wenig mehr verraten?

Gerne. Der nächste umfangreiche Band wird „Im Hort des Oger-Magiers“, auf den ich mich schon jetzt sehr freue. Er soll ähnlich aufgebaut sein wie der erste Abenteuerband, also wieder mit einem kürzeren Einsteigerabenteuer am Anfang, dann gefolgt von einer Ortsbeschreibung – dem Holzfällerdorf Stammhausen – sowie einem zugehörigen, längeren Szenario namens „Spuk auf Burg Altenklamm“. Und dann gibt es da natürlich noch das umfangreiche Hauptabenteuer, bei dem die SpielerInnen sich erfolgreich gegen die Überfälle des Oger-Magiers Szarokk und seiner Horde erwehren müssen … Alles in allem sollte das also wieder eine runde Sache werden und wird wohl in etwa den gleichen Umfang haben wie schon der erste Abenteuerband.

Um die Wartezeit bis zur geplanten Veröffentlichung im Frühjahr 2015 etwas zu verkürzen und als Goodie für die TeilnehmerInnen der MantiCon jetzt im August erscheint außerdem – sozusagen außerhalb der Reihe – das Szenario „Dunkles Vermächtnis“, das zwar nicht direkt in Schnutenbach selbst, dafür aber nicht allzu weit entfernt im düsteren und gefährlichen Waisenwald spielt. Dieses Abenteuer ist gerade im Druck und hat einen Umfang von 20 Seiten. Ich habe es mehrere Male auf Conventions angeboten und werde es natürlich ebenfalls auf der MantiCon leiten.

hort-titelÜbrigens: Wer sich mal in Ruhe mit mir über Schnutenbach und die weiteren Veröffentlichungen unterhalten sowie auch das eine oder andere Spielchen erleben möchte, der darf gerne zu meiner „Hauscon“ DIES LUDI vom 21. bis 23. November 2014 kommen. Da wird dann wirklich gezockt, bis die Würfel glühen …

Vielen Dank für Deine Zeit. Die letzten Worte hast Du!

Ich hoffe, wir sehen uns mal auf einer Convention und finden die Zeit für ein Spiel oder ein Gespräch über unser Hobby. Und bis dahin – lasst euch nicht von der Schnutenschlange beißen!

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