[Rezension] Freiheit für Schwarzenbrück: Eine Finsterland-Kampagne, Band #1

© Redaktion Phantastik

Ach, ja! Finsterland! Ein System, das ich von Beginn an wohlwollend begleite. Zuerst im Eigenverlag, seit einiger Zeit bei der Redaktion Phantastik hat das kleine österreichische Team immer interessante und qualitativ hochwertige Produkte herausgebracht, die regeltechnisch sehr wie ein WoD-Heartbreaker aussehen, aber spätestens durch das tolle austrozentrische Steampunk-Setting völlig eigenstandig und für die Rollenspielszene relevant wird.

Und so freut es mich sehr, dass ich mir hier diesen Abenteuerband genauer ansehen darf. Mal sehen, ob die sympathische Truppe den hohen Standard der vergangenen Jahre halten kann.

INHALT
Wie immer kommt die leicht verschnörkelte österreich-basierte Strampunk-Welt auch in den Illustrationen und dem Layout zum Tragen. Die Kapitel werden jeweils mit einer etwa halbseitigen Illustration und einem bogenförmigen „Fenster“ eingeleitet und die Seitenränder weisen eine schicke Maschinenoptik auf. Ansonsten gibt es eher weniger Illustrationen auf, aber es mangelt nicht an Karten für die unterschiedlichen Orte. Mir ist das sehr recht, da diese mir gerade als Spielleiter sehr dabei helfen, mir die Umgebung vorzustellen.

Die ganze Liebe des Teams zeigt sich aber auch direkt schon beim Umschlag. Auf dem Cover sehen wir eine düstere Straßenszene, in der im Vordergrund ein Junge ein Extrablatt feilbietet, während im Hintergrund ein wütender Mob irgendjemanden an einer Laterne aufgeknüpft hat. Wir scheinen es also mit Aufruhr und der Presse zu tun zu haben, ich bin gespannt. Das Thema „Presse“ spiegelt sich auch auf der Rückseite wider, wo wir eine Titelseite der fiktiven Zeitung „Die Freiheit“ abgedruckt sehen, die in zwei angedeuteten Artikeln und einer Kolumne darauf hinweist, dass wir es in der Kampagne mit der Redaktion der „Schwarzenbrücker Freiheit“ und politischer Problemen in Schwarzenbrück zu tun bekommen werden. Dass der STV 0:6 gegen Wurmhausen verloren hat, bessert meine Lage nicht unbedingt.

Inhaltlich gibt es zuerst einen groben Überblick über die Kampagne, dann wird die Stadt Schwarzenbrück genauestens vorgestellt. Anschließend gibt es „Zwölf Geschichten in Schwarzenbrück“, extrem kurze Abenteuer, die kaum über den Aufhänger hinaus gehen. Erst die letzten 20 Seiten befassen sich dann mit der eigentlichen Kampagne. Passend zum Setting heißt diese dann auch „Ouvertüre“.

Gerade das erste Kapitel gefällt mir ausgezeichnet. Neben dem Inhalt der Kampagne gibt uns das Autorenteam noch Tipps, wie die Gruppe in die Stadt gelangen könnte, aber auch, wie man das Setting besser an die Charaktere herantragen kann. Auch wird hier schon die Zusammenarbeit mit der Zeitungs-Redaktion genauer beleuchtet, was im Verlauf der Kampagne das Herzstück der Handlung darstellen wird.

Ich habe ja ein Herz für gut vorstellte Hintergrundwelten und so ist das folgende Kapitel mein persönlicher Favorit. Schwarzenbrück wird hier in allen Facetten vorgestellt mit Wappen, Geld und allen Basics. Und, hey, was kann an einer Stadt mit 7 einflussreichen Geheimorganisationen schon schlecht sein? Da schreibt sich doch jede Kampagne wie von alleine. Zumindest zu Beginn der Kampagne spielen diese noch keine große Rolle, aber ich denke, die werde ich in Zukunft noch einbauen. Im Anschluss werden alle Stadtteile genau geschildert mit etlichen interessanten Personen und Orten.

Auf 18 Seiten finden sich dann 12 komplette Kurzabenteuer, die toll ein Schwarzenbrücker Flair verströmen und die in die Kampagne eingebaut werden können, um mehr Hintergrund und weitere Handlungsstränge einzuführen. Die Abenteuer sind immer in 5 Szenen aufgebaut, weisen aber leider nur rudimentäre Spielwerte und zusätzliche Informationen auf. Mir persönlich sind sie etwas zu knapp ausgearbeitet. So gut kenne ich mich dann doch noch nicht in Schwarzenbrück aus, dass ich das alles problemlos aus dem Ärmel schütteln kann.

Den Abschluss des Bandes bildet dann die Ouvertüre der eigentlichen Kampagne. Auch hier wird in 5 Szenen dargestellt, wie die Charaktere in das politische Geschehen hineingezogen werden. Aber dazu will ich jetzt nicht noch mehr verraten, ich finde schon aus dem bisherigen Text könnt ihr fast zu viel herauslesen.

Die letzten Seiten sind dann nochmal extrem nützlich für das Leiten des Spiels, finden sich hier doch etliche Zufallstabellen und zusammengefasste Informationen: 100 Personen, 100 Ereignisse, Generator für Straßennamen, Personenliste nach Orten und eine Liste der Organisationen. Go, Atlantenring!

MEDIADATEN

…Autor: Georg Pils, Michael Prammer, Anette Meister, Gregro Eisenwort
…Verlag: Redaktion Phantastik
…Format: A4, Klebebroschur
…Seiten: 88
…Erschienen: 2018
…ISBN: 978-3-946759-26-3
…Preis: 17,00 Euro (PDF: 8,30 EUR)

MEINE MEINUNG
Wie erwartet macht alleine schon das „Durcharbeiten“ des Kampagnenbandes Spaß. Sowohl Setting als auch Sprache unterscheiden sich wohltuend von dem, was es so im, äh… „klassisch deutschsprachigen Bereich“ vor die Flinte bekommt.

Auch der Beginn der Kampagne und das Setting Schwarzenbrück sind sauber ausgearbeitet und bieten ausreichend Konflikte sowie interessante Personen und Örtlichkeiten. Ich persönlich habe mich einzig und allein mit dem Einbauen der Mini-Abenteuer getan. Die sind wirklich so kurz und knapp geschildert, dass ein sehr tiefes Eintauchen in die Hintergrundwelt notwendig ist, um sie wirklich gewinnbringend zu leiten. Das ist allerdings kein größeres Problem, werden sie doch nicht zwingend benötigt. Die Kampagne funktioniert tadellos ohne sie und so will ich sie einfach als kleine Dreingabe ansehen.

Ein größeres Problem ist allerdings, dass ich jetzt Blut geleckt habe und meine Spielgruppe gerne weiter durch Schwarzenbück jagen würde – die Fortsetzung über diese Ouvertüre hinaus ist aber noch nicht angesagt. Da muss der Würfelheld doch glatt einmal die Damen von der Redaktion Phantastik zu einer hochnotpeinlichen Befragung vorladen…

MEINE WERTUNG
4,25 von 5 minimal eigenartig strukturierte Kampagnen

von: Moritz

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