[Rezension] Cthulhu Grundregelwerk Edition 7

Verlag: Pegasus Press
Autoren: Sandy Petersen, Lynn Willis, Paul Fricker, Mike Mason, Heiko Gill
Format: gebunden
Seitenzahl: 432
Erschienen: Oktober 2015
ISBN: 978-3957890078
Preis: 19,95 Euro

von: kris

Bereits im Jahr 1980 erschien die erste Edition von „Call of Cthulhu“ und benutzte dabei das Regelsystem der „Chaosium“-Gruppe, das sich doch erheblich von dem von „Dungeons und Dragons“ unterschied. Sandy Peterson setzte mit viel Freude und Kreativität den Kosmos von H. P. Lovecraft um, damit auch Rollenspieler die faszinierenden düsteren Geschichten miterleben konnten, in denen der größte Gewinn daraus bestand, dass man dem Grauen mit heilem Verstand entkommen konnte.

Auch in der nun vorliegenden aktuellen siebten Edition von „Cthulhu“ schimmert dieser Geist immer noch durch – Reichtum, Gold und Macht scheinen nur nebensächlich zu sein, kann doch kein Sterblicher ohne Spuren an seiner Seele davonzutragen, den Begegnungen mit den dunklen Auswüchsen des Kosmos entkommen.

Pegasus Press veröffentlicht das Grundregelwerk zu einem unschlagbar günstigen Preis – für unter 20,00 EUR ist heute wohl kaum noch die komplette Grundlage eines Rollenspiels zu bekommen und dann auch noch in einem vollständig farbigen, über 400 Seiten starken, Hardcover

Klappentext:
Horror in den Welten des H. P. Lovecraft

Lange vor dem Aufstieg der Menschheit herrschten die Großen Alten über die Erde. Die Spuren ihrer zyklopischen Städte sind noch immer auf abgelegenen Inseln, vergraben im Wüstensand und unter dem Polareis zu finden. Einst kamen sie von den Sternen auf unsere Welt. Jetzt schlafen sie, manche weit unter der Erdoberfläche oder im Meer. Wenn die Sterne richtig stehen, werden sie sich erheben und erneut auf Erden wandeln.

Das klassische Horror-Rollenspiel Cthulhu basiert auf den Werken des Schriftstellers Howard Phillips Lovecraft. Dieser erschuf in den 1920er und 1930er Jahren eine Vielzahl an Romanen, Novellen und Kurzgeschichten, die sich sowohl um den Horror von Außen als auch von Innen drehten. Seine größte und dauerhafteste Schöpfung wurde später als Cthulhu Mythos bekannt. Hier werden gewöhnliche Menschen mit den schrecklichen und fremdartigen Kräften des Cthulhu Mythos konfrontiert.

Cthulhu zieht seit über 30 Jahren seine Spieler in den Bann. In diesem Spiel voller Geheimnisse, Rätsel und Schrecken schlüpfen die Spieler in die Rollen standhafter Ermittler („Investigatoren“), welche zu merkwürdigen und gefährlichen Orten reisen, üble Pläne enthüllen und sich gegen die Schrecken der Nacht stellen. Sie begegnen Verstand zerfetzenden Wesen, Monstern und wahnsinnigen Kultisten. In seltsamen und vergessenen Folianten entdecken sie Geheimnisse, die ein Mensch niemals kennen sollte. Dabei könnten sie durchaus über das Schicksal der Welt entscheiden.

Die Edition 7 hebt die Spielmechanismen von Cthulhu auf eine ganz neue Entwicklungsstufe, ohne die Kompatibilität zu allen bisherigen Veröffentlichungen zu verlieren.

Es enthält alle Regeln und Hintergründe, Spielhinweise, Zauber und Monster. Es wurde für den Spielleiter konzipiert, der seinen Spielern die Abenteuer präsentiert. Um Cthulhu spielen zu können, ist zumindest ein Exemplar der Edition 7 notwendig.

Ausschließlichen Spielern wird das Investigator-Kompendium empfohlen, welches unter Anderem erweiterte Regeln für die Charaktererschaffung, Fertigkeiten, Berufe und Ausrüstung enthält.

Zum Inhalt:
Die Macher halten sich auch nicht lange mit Erklärungen auf. Da sie ohnehin davon ausgehen, dass zu „Cthulhu“ nur fortgeschrittene oder ganz erfahrene Rollenspieler greifen, gehen sich nicht mehr besonders auf die Mechanismen ein, sondern stellen nach einer ausführlichen Einführung den Kosmos von H. P. Lovecraft vor, geben Lesetipps und Hinweise auf passende Filme und Comics, die die Stimmung besonders gut wieder geben.

Die Spieler schlüpfen in die Rolle der sogenannten „Investigatoren“. Wie schon bei Lovecraft beschäftigen sich sie als Journalisten, Wissenschaftler, Forscher oder auch nur einfache Menschen mehr oder freiwillig mit ungewöhnlichen Begebenheiten, die sie schließlich immer tiefer in die Welt des Grauens geraten lassen.

Dabei wird markiert, welche Art von Charakteren sich besonders gut für das Rollenspiel eigenen, welche nur in der Epoche der „Goldenen Zwanziger“ noch Bedeutung haben und welche nur in der Moderne zu finden sind, falls man die Kampagne in der Jetztzeit ansiedeln will.

Danach wird das Spielsystem vorgestellt, erst die grundlegenden Regeln für Fertigkeits- oder Wissensproben, dann die zu Kampf, Verfolgungsjagden, Geistiger Gesundheit (ganz wichtig!) und Magie.

Danach endet der für die Spieler relevante Teil. Ein ganzes Kapitel widmet sich dem Leiten des Spieles, denn auch der Meister ist in diesem Kosmos besonders gefordert und sollte bewusst auf einige Dinge achten. Er erhält eine Übersicht über die für den Mythos relevanten Bücher, die darin enthaltenen Zaubersprüche, die er den Spielern nach und nach zukommen lassen kann, Werte und Erläuterungen zu Kreaturen, Wesen und Göttern des lovecraftschen Kosmos und dem Umgang mit diesen. Das gleiche trifft auf Artefakte und außerirdische oder nichtmenschliche Technologien zu.

Damit man auch gleich loslegen kann und nicht erst noch Geld ausgeben muss, beinhaltet der Grundregelband auch die Abenteuer „Inmitten uralter Bäume“ und „In der Tinte“, mit dem man gleich einsteigen kann, dabei aber nicht nur die Charaktere der Gruppe zusammenführen, sondern sich auch mit typischen Themen und Inhalten des Spiels vertraut machen kann.

Die restlichen Seiten sind ausführlichen Anhängen gewidmet: Einem Glossar, Listen für Gegenstände, die die Spieler für ihre Figuren erwerben können, dem Index, Charakterbögen für das Spiel in den Zwanzigern oder der Gegenwart, sowie einigen wichtigen Karten.

Meine Meinung:
Nach wie vor hat „Cthulhu“ seinen ganz besonderen Reiz, vor allem, wenn man die Geschichten von H. P. Lovecraft und vielleicht auch noch einiger anderer Autoren aus seinem Freundeskreis kennt, die sich von ihm haben inspirieren lassen. Denn das Grauen in diesen Erzählungen kommt oft schleichend und spielt mit den menschlichen Urängsten, so dass sie nur selten wirklich zu besiegen sind – meistens können die Helden froh sein, wenn sie mit heiler Haut entkommen. Zu gewinnen ist meistens nur eine Erfahrung und das Wissen um die Macht ihrer Gegenspieler.
Anders als in anderen Spielen sind die Monster hier nicht nur Punkte-Lieferanten mit der Intelligenz einer Pflanze, sondern den Helden meistens ebenbürtig und nicht selten sogar weit überlegen.

Deshalb geht es diesmal nicht darum, mächtig, reich und erfahren zu werden oder Geheimnisse zu ergründen, auch wenn die Abenteuer das gelegentlich mit sich bringen, sondern in erster Linie darum, so lange wie möglich bei geistiger und seelischer Gesundheit zu bleiben. Daher sollten Spieler sich vielleicht nicht all zu sehr an ihre Charaktere binden und immer einen neuen in der Hinterhand behalten.

Da der Hintergrund des Kosmos sehr komplex ist und auch von den Spielern verlangt, sich darauf einlassen zu können, eignet sich das System nicht für blutige Anfänger und zu junge Spieler, dürfte aber vor allem diejenigen ansprechen, die von den klassischen Rollenspielen mittlerweile genug haben. Besondere Bedeutung hat die Entwicklung des eigenen Charakters, kann dieser sogar für die Story oder den Hintergrund interessant werden.

Letztentlich steht die Interaktion der Figuren – ob nun mit Spieler- oder Nichtspielerfiguren im Mittelpunkt der Abenteuer, nicht der Kampf, die Action und schon gar nicht irgend eine epische Rettung der Welt. Denn der Einsatz wird den Helden nicht unbedingt immer gedankt, gerade in einer Zeit, in der Mythen und Magie gegenüber von Logik und Wissenschaft zurücktreten, so dass man der Öffentlichkeit nicht einmal klarmachen kann, was man gerade erlebt hat, oder man gar an Leute gerät, die sich längst dem Grauen ergeben haben.

Das Grundregelwerk enthält tatsächlich alles, was man für einen Einstieg braucht, auch wenn die Erklärungen naturgemäß dadurch etwas kürzer ausfallen und vielleicht die ein oder andere kleine Frage offen lassen. Dennoch fällt das nicht all zu sehr ins Gewicht, da man auch im Internet den Hintergrund ganz gut nach recherchieren kann. Und wie man sich denken kann, eröffnet das mit der Zeit auch noch die Option, sich die entsprechenden Zusatzbände zuzulegen, auch wenn man es mit ein wenig Kreativität nicht muss.

Die Regeln zum Charakteraufbau und Spiel selbst sind ausreichend und klar verständlich erklärt, werden gelegentlich auch mit Beispielen unterlegt, damit man die Erläuterungen genauer nachvollziehen kann. Immer wieder betonen die Macher dabei auch, dass sie der Gruppe nur ein Gerüst an die Hand geben, ihre Vorgaben können auch verändert und durch Hausregeln ergänzt werden. Ebenso raten sie dem Spielleiter immer wieder – nicht diktatorisch über die Gruppe zu herrschen, sondern auch immer wieder auf die Spieler einzugehen und auch das ein oder andere mit ihnen zu besprechen, gerade wenn es um die Folgen von unheimlichen Begegnungen für die Charaktere geht.

Gelungen sind auch die Angaben zur Konvertierung der alten Figuren und Abenteuern auf die neue Edition. Hier kommt man denen entgegen, die gerne auch noch auf älteres Material zurückgreifen und dieses umsetzen wollen oder ihre Charaktere in die neue Edition hinüber retten. Auch das findet man nicht in jedem Regelwerk – hier fällt das entsprechende Kapitel sogar recht ausführlich aus, die Beschreibungen sind sehr entgegen kommend.

Das einzige was ein wenig mehr Arbeit machen dürfte, ist die Übertragung der Abenteuer auf die Moderne. Beschreibungen sind immer noch bewusst auf die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen (1918-39) ausgerichtet, wie Kampagnen in der Jetztzeit aussehen könnten, muss man sich zusammenreimen. Auch die Erklärungen, wie man die Geschichten in Deutschland ansetzen kann, sind eher kurz gehalten.

Alles in allem muss man bei dem guten Eindruck aber keine all zu großen Abstriche machen. Das Grundregelwerk geht ausführlich auf alle Regeln ein, die man für den Start braucht, bietet alles, was der Spielleiter für erste eigene Abenteuer und die Spieler zur Entwicklung ihrer Figuren benötigen und lassen so erst einmal keine Wünsche offen.

Auch die Gestaltung der Seiten ist gelungen – Tabellen und Texte sind übersichtlich – die Bilder fügen sich angenehm in das Gesamtbild ein.

Nicht nur Fans von H. P. Lovecraft, die ein Faible für seinen düsteren Kosmos haben, werden das „Cthulhu“-Grundregelwerk schnell zu schätzen wissen, auch die fortgeschritteneren Gruppen, die nicht nur in einer realen Epoche spielen, sondern eine andere ganz andere Form des Rollenspiels kennenlernen wollen, werden hier zufrieden gestellt – und das zu einem unschlagbar günstigen Preis!

Meine Wertung:
4,5 von 5 Schrecken

2 Kommentare zu „[Rezension] Cthulhu Grundregelwerk Edition 7“

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