[Rezension] The Electric State: Ein illustrierter Roman (Science Fiction)

© Fischer Tor

In seiner Heimat Schweden und später auch in der Welt ist der Künstler und Autor Simon Stålenhag wohl vor allem durch seine hyperrealistischen Bilder, eingebettet in surreale Geschichten einer Welt der nahen Zukunft, in der die Apokalypse anders eingetreten ist als erwartet. Dabei setzt er weniger auf Action, als auf die Ausdruckskraft seiner Bilder und Texte.

INHALT
Im Jahr 1997 hat ein Drohnenkrieg weite Teile von Amerika zerstört, viele Gebiete sind im Chaos versunken und haben sich in eine postapokalyptische Wüste verwandelt. Viele der Überlebenden sind nicht mehr in der Lage, das Grauen in der Realität zu ertragen, viele flüchten sich in eine virtuelle Scheinwelt, die sie offensichtlich auch am Leben erhält.

Die junge Miranda kämpft sich durch die Wüste und andere verlassene Regionen, um ihren Bruder zu finden, der ihr einen kleinen Roboter hat zukommen lassen. Sie kommunizieren ohne Worte miteinander und das reicht dem Mädchen, dass auch vor Gefahren nicht zurückschreckt. Zunächst ganz auf sich allein gestellt, findet sie bald eine Fahrmöglichkeit um sich damit – vorbei an den Trümmern der Zivilisation – der Küste zu nähern. Doch was wird sie an ihrem Ziel erwarten?

MEDIADATEN

…Autor und Zeichner: Simon Stålenhag
…Übersetzer: Stefan Pluschkat
…Verlag: Fischer TOR
…Format: gebunden, quadratisches Überformat, 144 Seiten
…Erschienen: Oktober 2019
…ISBN: 978-3596703791
…Preis: 34 EUR

MEINE MEINUNG
„The Electric State“ ist eine illustrierte Geschichte – mehr Artbook mit begleitenden Texten als Roman. Denn das ganze liest sich eher wie eine Tagebucherzählung mit kleinen Exkursen in die Vergangenheit, in der alles noch ein wenig besser aussah. So erfährt man nach und nach die Geschichte der einsamen Wanderin, erschließt sich auch das düstere Szenario, in dem das Desaster mit mit viel Gewalt, sondern eher schleichend gekommen ist, der Mensch aber offensichtlich nicht mehr in der Lage, dagegen anzugehen.

Viele haben sich in eine andere Welt geflüchtet, in der sie nicht mehr auf ihre körperlichen Bedürfnisse und den Überlebenskampf achten müssen – ruhig und distanziert, aber nicht minder eindringlich erzählt der Autor, wie es dazu kommen konnte, und welche Auswirkungen das letztendlich auf die Menschen hat.

Die Geschichte schwelgt in Bildern, der Text sorgt eher für den Zusammenhalt. Die Gemälde wirken fast wie Fotos, so dass man sich regelrecht in das Szenario versetzt fühlt, in denen sich oft weitere Landschaften mit surrealen Robotern paaren – die als stille Zeitzeugen verraten – was hier vor nicht all zu langer Zeit eigentlich passiert sein könnte.

Heraus kommt ein Roman für den man sich Zeit nehmen sollte – weniger zum Lesen der Texte als dem Betrachten der Bilder, die farblich stimmig – sehr tiefgehend und doch mystisch genug sind, um zum Nachdenken anzuregen.

Die Zerstörungen die dort abgebildet sind, zeugen nämlich nicht nur von Gewalt sondern eher der inneren Zersetzung, die die moderne Technik mit sich bringt, und teilweise gar nicht mehr so weit von der Gegenwart entfernt ist. Allerdings muss man schon bereit sein, dies zwischen den Zeilen und auf den Bildern selbst zu lesen und sich vom ersten Eindruck nicht täuschen zu lassen.

„The Electric State“ fordert den Genrefan heraus, denn es ist ein zutiefst künstlerisches Buch, bei dem Simon Stålenhag seine Leser bewusst herausfordert sich mit ihm auf seine Phantasien einzulassen und dabei auch hinter die offensichlichen Bilder zu blicken, um das Dystopische dieser Geschichte zu erfassen, die einen Weltuntergang einmal auf wenig actionreiche aber dafür um so vorstellbarere Weise schildert.

MEINE WERTUNG
4,5 von 5 Neuronen

von: Kris

 

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