[Rezension[ DEPONIA – Das Rollenspiel

Autoren: Nico Mendrek, Jan Müller-Michaelis, Mhaire Stritter
Verlag: Uhrwerk-Verlag
Format: gebunden
Seitenzahl: 312 Seiten
Erschienen: Sep. 2015
ISBN: 978-3958670242
Preis: 39,95 Euro

von: Kris

Vor einigen Jahren entwickelte Daedalic Entertainment die gleichnamige „Point-and-Klick-Adventure“-Trilogie für den PC um damit all die anderen ernst gemeinten Spiele ein wenig auf die Schippe zu nehmen. Eine altbekannte Geschichte – die Rettung einer Welt – wurde amüsant verpackt und auf einer Welt angesiedelt, die unter Bergen von Zivilisationsmüll angesiedelt ist: „Deponia“..

Allerdings wurde für die Spielreihe nur ein kleiner Teil der Welt benutzt, alle anderen Regionen tauchten mit viel Glück namentlich auf oder gehörten zum Hintergrund irgendwelcher Figuren, denen die Spieler begegnen konnten. Um das Potential nun gänzlich auszuschöpfen, entschieden sich die Macher dazu, das Ganze auch in ein „Pen-und-Paper“-Rollenspiel umzusetzen, damit Fans nun auch in anderen Regionen spielen können. Und welches System eignetesich besser als Grundlage als Fate – das alle Freiheiten bietet, die man benötigt.

Klappentext:
Deponia: die Welt aus Daedalic Entertainments mit Preisen überhäufter Point and Click-Adventure-Trilogie, eine Welt, versunken unter Müllbergen, in der sich jede denkbare Umweltkatastrophe ereignet hat. In den PC-Spielen lernten wir nur einen winzigen Teil dieser Welt kennen.

Für „Deponia: Das Rollenspiel“ haben ihr Erfinder Poki und die Autoren dieses Buches einen ganzen Planeten beschrieben. Voller Schrottgebirge, wild wuchernder Gendschungel, tödlicher Wüsten aus nicht so ganz leeren Batterien, gekippten Ozeanen, Zombie-Staaten und Roboter-Enklaven.

Dieses Buch lässt sich auf zwei Arten benutzen:

• Es ist ein Reiseführer durch die Welt von Deponia: Lernt all die Kulturen, Orte, Kreaturen und Absonderlichkeiten kennen, die in den PC-Spielen nur angerissen wurden (oder an die damals noch gar niemand gedacht hat)! Findet heraus, wie der Planet vor die Hunde gegangen ist – oder wo wir schon beim Thema sind, warum es hier so gut wie keine Hunde gibt. Werft einen Blick in die Zukunft Deponias und lernt neue Helden und Bösewichter kennen.

• Es ist ein Pen and Paper-Rollenspiel: Dieses Buch enthält kompakte Regeln für ein erzählerisches Rollenspiel auf Deponia, mit denen ihr nach wenigen Minuten direkt losspielen könnt. Dazu vorgefertigte Charaktere, Abenteuerplots und -Ideen, 100 Item-Karten für die Inventare eurer eigenen (Anti-)Helden sowie eine große Karte des Planeten. Erschafft euren eigenen Deponia-Charakter, wandelt mit ihm auf den Spuren von Rufus und Goal oder entdeckt gemeinsam mit Freunden neue Gebiete und Gefahren auf eurem Lieblings-Müllplaneten. Spielt Haldenbewohner, Elysianer, Roboter, abtrünnige Organons oder Schleimmonster. Das Regelwerk lässt jede denkbare Figur zu.

Zum Inhalt:
Aufgeteilt ist das Buch in zwei große Bereiche. Im ersten werden die Welt, ihre Regionen und Geschichte, aber auch wichtige Figuren und Orte oder Artefakte ausführlich vorgestellt, im zweiten folgen die Regeln, die den Hintergrund mit dem Fate-System verbinden.

Deponia ist eine Welt, die alle denkbaren Umwelt- und Klimakatastrophen getroffen hat. Das Land ist unter Müllbergen versunken oder hat sich in vergiftete Einöden verwandelt, über denen teilweise dichter Smog liegt.

Die Polkappen sind geschmolzen und das Styropor der Meere hat sich an einer Stelle gesammelt um einen neuen Kontinent zu bilden. Gefährliche Viren vielleicht auch biologische Kampfstoffe haben fast alle Menschen einer Region in Zombies verwandelt und damit zu einer Gefahr gemacht. Kurzum … alle Endzeitszenarien, die sich Menschen jemals haben vorstellen können, sind dort an einem Platz vereint.

Und trotzdem schaffen es genügend Menschen dort zu überleben und sogar ihr Auskommen und ihren Spaß zu haben – vor allem die ständig bekifften Hippies. Andere wieder sind froh, wenn sie genug zu beißen finden und ihren Nachwuchs aufziehen können und nicht wenige träumen davon nach Elysium auszuwandern, der Raumstation im Orbit. Allerdings dürfte sich diese Hoffnung nur für die letzten Superreichen erfüllen.

Der gemeinsame Feind der Deponianer ist das Organon, eine hochtechnisierte Armee von Klonen, die als Soldaten und Beamten darauf achten, dass auf der Welt nichts aus dem Ruder läuft, und die von jeher an einem Ziel arbeiten – den Planeten eines Tages zu sprengen – etwas, was die Einheimischen natürlich verhindern wollen.

Natürlich geht es den Machern nicht darum, eine neue Welt zu erschaffen, sondern all die anderen Endzeitszenarien auf die Schippe zu nehmen und sich zudem über andere Auswüchse der modernen Gesellschaft lustig zu machen. So kann man sich leicht vorstellen, dass die Hippies nicht ganz so friedfertig sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen, aber auf der anderen Seite doch versuchen, das Leben mit Liebe zu erfüllen. Die Raumstation Elysium mag wie ein Paradies für die erscheinen, die nur davon gehört haben – hat aber wie jede schöne neue Welt auch ihre Schattenseiten und sei es nur ein strenges Regiment, dass die Leute dort im Zaum hält.

Das Leben im Müll hingegen hat viele Facetten hervorgebracht. Und es mag auch genug Deponianer geben, die ihr Dasein in langweiligem Alltag verbringen, das durch das Sammeln von Müll oder den Anbau der wenigen Pflanzen, die hier noch wachsen, bestimmt wird und gerade einmal so über die Runden kommen. Andere haben sich einem der Kapitalisten verpflichtet, der allerdings in erster Linie seinen Reichtum mehr. Nur ganz wenige schlagen sich anderweitig durch das Leben, teilweise am Rande der „Legalität“, was auch immer das auf der Welt noch heißen mag, teilweise als wurzellose Abenteurer. Nationalstaaten gibt es nicht mehr, eher Regionalregierungen, die mal mehr, mal weniger vom Organon kontrolliert werden und mit so allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Gerade hier dürfte der Endzeit-Kenner so manches Aha-Erlebnis haben und sich köstlich über die Verballhornung so manches Endzeit-Streifens amüsieren – ob nun „Mad Max“ oder die Zombieapokaypse – wer sucht der findet und kann die entsprechende Gegend dann nach Spaß und Bedarf weiter ausbauen.

Natürlich findet sich in dem Buch auch die Geschichte der Adventures in Andeutungen wieder, so dass man diese, wenn man möchte, auch in seine Kampagnen einbinden kann.

Die Beschreibungen sind deshalb so großzügig gehalten, dass man die Details selbst noch ausarbeiten kann. Auch die Regeln ermöglichen größtmögliche Freiheit, so wie es bei „Fate“ üblich ist. Letztendlich erhält man hier einen Hintergrundband, der zugleich ein eigenes Rollenspiel ist, sich wunderbar für spontane Runden eignet, da man Spielern vermutlich nicht lange etwas erklären und sie in den Hintergrund einführen muss.

Aber auch Fans der PC-Games kommen hier auf ihre Kosten, ist das Buch doch in Zusammenarbeit mit Autoren von Daedalic Entertainment entstanden und kann so durchaus als Hintergrundband für das beliebte Spiel angesehen werden, als augenzwinkernd erzählter Reiseführer durch eine chaotische Welt.

Mein Fazit:
„Deponia“ ist eine liebenswerte Weltbeschreibung und ein freches „Pen und Paper“ Rollenspiel zugleich. Es dürfte alle ansprechen, die Abwechslung von den üblichen und wesentlich ernsthafter gestalteten Abenteuern suchen und sich gerne auch einmal ein wenig anarchistischer in ihren Runden austoben wollen. Und auch wenn man nur die Spiele für den PC schätzt, so wird man ebenfalls seinen Spaß haben, denn der Band sieht sich durchaus auch als Reiseführer der verrückten Welt, die zwar am Ende sein mag, auf der aber alles möglich sein darf.

Mein Wertung:
4 von 5 Deponianer

 

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