[Interview] Michael Mingers über Earthdawn

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vielen Dank dass du dir die Zeit genommen hast, mir ein wenig Rede und Antwort zu stehen. Würdest du dich bitte kurz vorstellen.
Ich bin Michael Mingers und seit drei Jahren bei Ulisses als Redakteur beschäftigt. Aktuell betreue ich Earthdawn, BattleTech, Iron Kingdoms, Warmachine, Hordes, Infinity, HeXXen 1733 und Pathfinder sowie die Gesellschaftsspiele und digitalen Produkte bei uns im Haus.

Earthdawn wird im Mai 2015 bei Ulisses auf Deutsch erscheinen. Auf welchen Hintergrund müssen sich die Spieler einstellen?
Earthdawn spielt in der Provinz Barsaive, die sich noch von einer jahrhundertelangen Dämonenplage erholt, aber sich auch dem Theranischen Imperium widersetzt, die die Provinz wieder in ihr Reich integrieren wollen. Die vierte Edition spielt zehn Jahre nach dem Krieg zwischen dem Zwergenreich Throal aus Barsaive und dem Imperium und ich bin gespannt, welche neue Spannungen sich in der Region entwickelt haben und wie sich auch neue Reiche wie die Orknation Cara Fahd in dieser Zeit entwickelt hat. Die Core Story von Earthdawn bleibt aber bestehen: die Spielercharaktere verkörpern magische Adepten, die ihr Land wieder aufbauen, magische Schätze und vergessene Städte finden und zur Legende werden wollen in einer High-Fantasy-Welt.

Welche Spielercharaktere sind möglich?
Jeder Spieler verkörpert einen Adepten. Das sind Vertreter einer magischen Disziplin, die einem gewissen Credo folgt. so kann der Schütze seine Pfeile entflammen lassen oder genauer schießen als jeder mundane Krieger, Luftpiraten ihre Haut zu Holz verwandeln und ihr Blut entflammen, während sie von ihren fliegenden Schiffen stürzen oder auch Zauberer, die ihre Sprüche mit magischen Fäden weben und in Matrizen sichern, damit kein Dämon die Struktur im Astralraum verunstalten kann. Neben den fähigen Heldenklassen, stehen neben bekannten Rassen wie Menschen, Elfen und Zwerge auch exotischere Vertreter wie die steinernen Obsidianer, die flatterhaften kleinen Windlinge oder die heißblütigen, echsigen T’skrang.

Earthdawn hat in den alten Editionen eine Vielzahl an Rassen parat gehalten. Wie verhält es sich mit dieser Edition?
Zuerst sind nur die Grundrassen geplant, die man auch aus den alten Grundbüchern kennt. Welche weiteren Rassen FASA wieder als spielbar für die vierte Edition zurückholen wird, kann ich aktuell nicht sagen.

Wo wir gerade bei Rassen sind, wie schaut es mit Dämonen aus. Sind dieses noch ein Bestandteil und was hat es mit diesen auf sich?
Die Dämonen sind nach wie vor eine Bedrohung für die bekannte Welt, da nicht alle Bereiche von der Plage gesäubert werden konnten und sich die Dämonen immer noch vom Leid der Namensgeberrassen nähern können.

Magie spielt in Earthdawn eine große Rolle. Was erwartet uns da und inwieweit bestimmt Magie das Geschehen?
Die Magie bei Earthdawn funktioniert über zwei Prinzipien. Die eine, ist die Magie der Namen. Das ist so tief verankert, dass alle kulturschaffenden Rassen als Namensgeber bezeichnet werden. Was einen Namen hat, hat eine Bedeutung und wird darüber hinaus vermutlich eine magische Struktur entwickeln. Diese magischen Strukturen können von den Adepten genutzt werden, indem sie ihre eigene Struktur damit verbinden können, indem sie dazu Fäden an magischer Energie binden. Dieses Fadenweben der magischen Strukturen funktioniert von einem schnell wirkenden Zauberspruch, über die Bindung an einen magischen Gegenstand bis hin zu so komplexen Systemen, wie etwa einer Struktur der eigenen Heldengruppe oder der Heimatstadt. Dankenswerterweise können mit der vierten Edition alle Adepten ab dem ersten Kreis Fäden weben und dieses Kernelement so nutzen, das war in älteren Editionen nur den Zauberern von Anfang an Beschieden, wohingegen der Rest bis zum vierten Kreis warten musste.

Auf welches Regelsystem baut die Edition auf und brauchen die Spieler erneut diverse Würfel?
Das Regelsystem ist im Kern gleich geblieben und beruht auf einer Stufentabelle. Je nach Stufe, erhält man für eine Probe eine Würfelkombi, die man dann zusammenaddiert und mit einem Schwierigkeitswert vergleicht. Wir haben eine alternative Tabelle eingebaut, die den W4 und den W20 komplett aus der Tabelle entfernt, da sie sehr extreme Ergebnisse liefern können. Da bei Earthdawn Wurfergebnisse explodieren, als beim Maximalergebnis erneut gewürfelt und der neue Wurf aufaddiert wird, hat der W4 oftmals zu eher seltsamen Ergebnissen geführt. Aber grundsätzlich kann man die ganze Box mit gebräuchlichen Rollenspielwürfeln nutzen. Ich empfehle die optionale Regel, nach der bei einem Modifikator der Wurf mit der Zahl verrechnet wird, statt die Stufe zu ändern und dann ständig neue Würfel zu suchen.

Im Vergleich zu den vorherigen Editionen. Was hat sich geändert?
Die beiden größten Änderungen sind wohl das oben bereits erwähnte Fadenweben ab Kreis 1 für alle Disziplinen und die Verwendung von Karma. Bei Earthdawn steht Karma für das rohe magische Potential der Helden, das sie einsetzen können, um Würfe zu verbessern. Damals war es für einige Fähigkeiten notwendig, Karma einzusetzen und man musste neues für Legendenpunkte (die Erfahrungspunkte des Systems) einsetzen. Das erschien mir immer unelegant, da ich die permanente Ressource XP nicht für einen kurzzeitigen Bonus im Spiel verbraten wollte. Das ist jetzt zum Glück anders und Karma gibt es jetzt jetzt jeden Tag kostenlos für alle und alle verwenden einen W6 als Karmawürfel (kein imba Obsidianerkarma mehr mit W4, siehe oben …). Das Talent Unempfindlichkeit, dass Helden mehr Schaden einstecken ließ, ist nun fix in den Aufstieg der Disziplinen konzentriert und kann nicht mehr separat gesteigert werden. Das mag einigen sauer aufstoßen, hilft aber beim Erstellen von Abenteuern ungemein, da die Zähigkeit der Charaktere nun nicht mehr so massiv auseinander liegen kann. Auch dass die Disziplinen nun einige Kerntalente erhalten und sich weitere aus einem Pool für ihr Erfahrungsniveau aussuchen können, macht die einzelnen Charaktere individueller und man kann die Helden besser auf die Bedürfnisse der Runde hin entwickeln. Einen Magier und einen Waffenschmied mit dem Talent Artefaktgeschichte in der Gruppe zu haben, macht halt keinen so wirklich viel glücklicher.

Earthdawn hat in Deutschland ja schon einiges hinter sich. Wie kam es zu der Entscheidung sich der Sache anzunehmen?
Zum einen bin ich halt schon seit hömmele Jahren großer Fan von Earthdawn, wie man auch im DORPcast hören kann. Thomas und ich haben eine Episode zu dem Spiel aufgenommen und schwärmen dann etwas länger vor uns hin (http://www.die-dorp.de/index.php/dorpcast/1837-dorpcast-episode-22-earthdawn-forever). Das ist das einzige Mal, dass wir bislang so etwas getan haben, da Earthdawn eben für uns beide einen wichtigen Aspekt in unserem Rollenspielerleben darstellt. Der Erfolg des Kickstarters für die amerikanische Ausgabe der vierten Edition hat uns dann endgültig überzeugt, dass wir das Spiel auch in Deutschland wieder reaktivieren können. Es gibt nach wie vor reine Earthdawn-Cons hier in Deutschland und auch nach der Ankündigung sind viele Leute auf Cons zu mir gekommen, als sie unser Earthdawn-Banner gesehen haben und haben begeistert nachgefragt, was wir da so planen. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg, von dem ich überzeugt bin, konnte ich mir so auch einen Traum erfüllen und das Spiel betreuen und mitbestimmen, dass mich immer wieder begeistert hat.

Wie soll es nach dem Regelwerken weitergehen? Was plant ihr so?
Wir werden erst einmal so zeitnah wie möglich die amerikanischen Produkte übersetzen und veröffentlichen. Wenn die Kernregelwerke mit Spielerhandbuch, Spielleiterhandbuch und Kompendium erschienen sind, planen wir auch eigene Produkte, bzw. stoßen sie schon vorher an. Das Album mit Atmosphäre-Tracks von X-Score zu Earthdawn ist bereits länger in der Mache, ich spreche erste Ideen für Abenteuer und Quellenbände mit freien Autoren durch. Aber auch kleine PDFs mit Monstern, magischen Gegenständen, besonderen Orten oder Organisationen sind gut möglich. Konkret kann ich da leider erst werden, wenn wir Veröffentlichungstermine für die Bücher von FASA haben. Aber neben dem offiziellen Material wollen wir auch das sehr gute und sehr umfangreiche Fanmaterial zu Earthdawn in Deutschland weiter stützen. Daher gibt es direkt von Start ab ein großes BITTE für Fanmaterial zu Earthdawn 4. Wir werden sogar eine Drittanbieter-Regelung bieten, nach denen man Material in unserem Shop für Geld anbieten kann. Vieles von dem Material ist so aufwändig, dass man dafür auch ohne Frage Geld verlangen kann. Dann wird das Geld zwischen dem Anbieter, dem Shop, FASA und Ulisses aufgeteilt, wobei der Löwenanteil an den Autoren gehen wird. Das klappt bisher bei Pathfinder sehr gut und ich sehe da auch für Earthdawn einige Möglichkeiten.

Es gab in der Vergangenheit auch eine Romanserie zu Earthdawn. Gibt es Überlegungen diese wiederzubeleben bzw. neu zu starten?
Die Romane werden von uns gescannt, als Ebook aufbereitet und wieder verfügbar gemacht. Ein erstes Exposé für einen neuen deutschen Earthdawn-Roman ist bereits freigegeben worden und dazu sind auch einige kürzere Ebooks geplant.

Ulisses hat derzeit mit Vampire V20 Maskerade ein Crowdfunding am laufen. Waren solche Überlegungen auch bei Earthdawn vorhanden?
Eigentlich wollten wir das Spielerhandbuch ja bereits Ende letzten Jahres präsentieren, da waren unsere Möglichkeiten für ein Crowdfunding noch nicht so weit wie heute, daher war das erst einmal kein Thema. Wir lassen uns aber die Option offen, künftige Projekte über die Plattform zu verwirklichen, bzw. abzuschätzen wie gewisse Ideen ankommen, um dann mehr in diese Richtung zu entwickeln. Das kann gerade für unsere Eigenentwicklungen ein wichtiges Element werden, um das Interesse der Spielerschaft einzuschätzen.

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir!
Earthdawn forever, baby!

Ein Gedanke zu „[Interview] Michael Mingers über Earthdawn“

  1. Vielen Dank für den Einblick. Vielleicht kriegen wir die „alte Gang“ dazu, die beiden Fanbücher (Kreaturen 2 und Verlorene Schätze) bei Ulisses einzutüten. Kathy hat die damals schon megaprofessionell aufgesetzt.

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