[Interview] Im Gespräch mit Primal Punk Marko Djurdjevic

Hallo Marko,
vielen Dank dass Du Dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Stellst Du Dich bitte kurz vor?
Mein Name ist Marko Djurdjevic, 1979 in Koblenz geboren, seit 1996 als freischaffender Illustrator tätig. Ich habe seit meinen frühen Anfangstagen als Illustrator für die Feder&Schwert-Produkte von White Wolf gezeichnet, später für Shadowrun, englische White Wolf Produkte und vieles mehr. 2004 habe ich zusammen mit Christian Günther Degenesis auf den deutschen Markt gebracht, und bis 2005 begleitet. Seit 10 Jahren arbeite ich als Conceptartist für Videospiele & Filme, und habe gute fünf Jahre unter Exklusivvertrag bei Marvel Comics hunderte von Titelbildern entworfen, unter anderem für Spider-Man, X-Men, Avengers, Thor und viele andere namhafte Titel. Vor vier Jahren habe ich SIXMOREVODKA in Berlin gegründet. Meine Firma produziert Conceptart, Ideen, kreative Entwürfe für Videospiele, Titelbilder von Magazinen, Filmen, etc. und beliefert damit einige der wichtigsten Kunden im Entertainment Bereich, von Warner Brothers, Sony, Riot Games bis Hasbro ist alles dabei.

Ich bin selbst leidenschaftlicher Rollenspieler und habe mich mit dem Hobby, seit ich 13 bin, intensiv beschäftigt. Rollenspiele sind in meinen Augen das einzige Medium, was von den Entwicklern erfordert, gesamte funktionierende und in sich geschlossene Settings und Welten zu entwerfen. Während andere Medien durch ihren auf Charaktere und Protagonisten bezogenen Blickwinkel nur Ausschnitte aus einen Setting zeigen müssen, erfordert es viel mehr Weitblick und Detailreichtum, ein Rollenspielsetting einzufangen. Die Kameralinse ist weitwinklig eingestellt, und man muss das gesamte Panorama einer Welt in einem Buch einfangen.

Meine Lieblingssettings, die mich jahrelang begleitet haben, sind RuneQuest/Glorantha, Vampire: Die Maskerade und natürlich DEGENESIS.

Du und Christian Günther haben im September für einigen Wirbel gesorgt, als ihr anhand eines Trailers bekanntgegeben habt, dass es zum Pen&Paper Rollenspiel eine Neuauflage geben wird. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Der Trailer war von langer Hand geplant. Wir haben den bereits im Mai 2013 geschossen und produziert. Die Rebirth Edition war über zwei Jahre in Arbeit. Wir wussten von Anfang an, dass es sich nur lohnt mit dem Produkt zurückzukommen, wenn wir das mit dem größtmöglichen Begleitorchester, das uns zur Verfügung steht, durchziehen. Durch meine Arbeit als Concept-Artist habe ich ein gewaltiges Netzwerk aus kreativen Menschen, auf die ich zurückgreifen kann, um solche Projekte zu stemmen, und es war seit langer Zeit ein Traum auch filmisch unserer Idee einen Stempel aufzudrücken. Als visueller Mensch fällt es mir extrem leicht, die Welt von Degenesis im Bewegtbild vor Augen zu haben. Diese Welt wollte ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln auch unseren Fans und Supportern überreichen.

Hat der Trailer seine Wirkung erzielt, sprich wie war aus eurer Sicht die Resonanz?
Ich denke, seine Wirkung konnte der Trailer gar nicht verfehlen. Es war vor allen Dingen eine verrückte Idee so etwas zu realisieren, weil es so etwas für ein klassisches Pen&Paper RPG noch nicht gab, und verrückte Ideen sind immer gut. Der Trailer ist inzwischen über 40.000 mal auf Youtube angeklickt worden, wir haben ein starkes und breites Medienecho bekommen, vor allen Dingen international und was noch viel wichtiger ist, wir haben Aufmerksamkeit außerhalb der relativ isolierten RPG-Szene erregt. Das ist für mich ein gutes Zeichen. Das Interesse an dem Medium ist nach wie vor da. Was wir als Entwickler langfristig schaffen müssen, ist, es Leuten, die wenige Berührungspunkte mit der Szene haben, den Einstieg zu erleichtern. Das funktioniert immer gut durch das Einbinden anderer Medien. Ein Trailer ist schneller konsumiert als unsere beiden Bücher und kann neue Leute auf ein Produkt neugierig machen, das außerhalb ihrer Wahrnehmung liegt.

Nach dem Trailer folgten dann die ersten Ausstattungsdetails zu den Büchern. Da habt ihr die Messlatte hoch angesetzt oder?
Naja, ich sehe das aus einem etwas anderen Blickwinkel. Wir haben mit dem uns zur Verfügung stehenden Budget und unserer Expertise das Beste rausgeholt, was unserem Team möglich war. Die Frage sollte doch aber eher sein, warum man so ein Maß an Qualität nicht überall und ständig bekommt. Warum setzen wir als Außenseiter die Messlatte hoch? Sollten es nicht wir sein, die sich mit etablierten Verlagen messen müssen? Warum ist die Messlatte im Bereich RPG so niedrig angesetzt, dass ein Buch wie DEGENESIS sofort auffällt? Das sind Fragen, die sich Käufer und Konsumenten von Rollenspielen stellen sollten, denn schließlich geben sie eine Menge Geld für ihr Hobby aus. Was ihnen im Gegenzug dafür geboten wird, finde ich fast schon eine Frechheit. Gerade vor ein paar Wochen habe ich durch ein Konkurrenzprodukt geblättert. 400+ Seiten. Gerade mal ca. 40 Illustration im A6 Format. Davon einige an mehreren Stellen des Buches recycelt. Da muss ich doch die Augenbraue hochziehen und ehrlich fragen, wie so etwas 2014 noch durchgehen kann.

Wie kam es zu der Entscheidung Degenesis einem kompletten Facelift zu verpassen und in dieser Version auf den Markt zu bringen?
Weil wir Rollenspiele lieben und weil wir an unser Produkt glauben.Weil wir zehn Jahre später reifer und mit mehr Planung an unser Projekt gehen können. Weil wir eine Geschichte weitererzählen wollen, die wir damals begonnen haben und die uns umgetrieben hat. Und weil wir DEGENESIS endlich so aussehen lassen wollten, wie wir glauben, dass es sich für dieses Projekt gehört. Es ist weniger ein Facelift, als eine Version des Spiels, wie es damals schon hätte sein können, wenn wir Budget, Erfahrung und Zeit gehabt hätten. Was Leute immer gerne vergessen: die alte Edition ist damals als Garagenprojekt von zwei Idealisten aus dem Boden gestampft worden. Ohne nennenswertes Produktionsbudget und nur mit Hilfe unserer Fans. Denen schulden wir diese neue Version am allermeisten.

Degenesis Rebirth basiert ja auf einen postapokalyptisch Hintergrund und trägt auch den Beinamen Primal Punk. Was ist darunter zu verstehen?
Primal Punk ist ein definierender Genrebegriff, den wir benutzen um das Setting zu beschreiben. Urtümliche Wildheit, die Abkehr von zivilisatorischen Normen, primitive Instinkte, Waffen, Ziele in Kombination mit organisierten, kultischen Handlungen, Gruppierungen und der Umkehr von klassischen Hierarchien.

Die Kultur und das Miteinander hat sich verändert. Was ist unter Kulturkreis zu verstehen?
Kulturen, wie wir sie in DEGENESIS präsentieren, sind übrig gebliebene Gemeinschaften von menschlichen Gruppen, die miteinander verschmolzen sind und nun über einen großen Landstrich hinweg die Kultur, deren Eigenheiten und Mentalität dominieren. Diese Kulturen sind keineswegs homogen zu verstehen, sondern sind eine Folge von Vermischung der Überlebenden des Eshatons. Die Kultur Frankas beispielsweise ist eine Mischung, die aus französischen, englischen, walisischen und belgischen Überlebenden hervorgegangen ist.

Was nach 500 Jahren von diesen Menschen übriggeblieben ist, nennen wir im Spiel die Kultur Franka.

Tektonisch hat sich einiges getan, so ist das heutige Europa und Afrika nicht mehr wiederzuerkennen. D:RE spielt da auch mit Ängsten, Hoffnung bzw. auch Vorhersagen (Klimawandel als Beispiel). Was war der Hintergedanke?
DEGENESIS ist eine rein fiktive Welt. Wir machen keine Zukunftsprognosen, aber wir diagnostizieren heutige Zustände, die wir überspitzt in die Zukunft projizieren. Das gibt uns die Möglichkeit, eine realistische Welt zu zeichnen, was definitiv ein starkes Stilmittel ist, das wir in unserem Setting benutzen können. Nahe an der Realität zu sein, macht es für Spieler einfacher, sich in der Spielwelt zurecht zu finden, wenn man einen Anker zurück in die Gegenwart auswerfen kann.

Ihr habe D:RE ein neues Regelsystem verpasst. Warum und was erwartet uns nun?
Das alte Regelsystem war seinerzeit etwas mit dem wir komplett zufrieden waren. Auch wenn es seine Schwierigkeiten hatte, haben wir gerne damit gespielt. Es erfüllte seinen Zweck, nämlich seinen Charakter innerhalb der Welt von DEGENESIS zu manövrieren. Mehr sollte es damals nicht tun und einen größeren Anspruch daran hatten wir nicht. Mit den Jahren haben wir aber festgestellt, dass es diesbezüglich Unmut gab und nicht alle Fans damit zufrieden waren, bzw. dass es viel Jammer nach sich zog. Also haben wir das Katharsys völlig neu erdacht, samt Würfelmechanismus, Charaktererschaffung und Kampfsystem. Wir wollten es über das Setting hinaus schaffen, den Spielern Freude am Spieltisch zu bereiten. Diesen Spielspaß haben wir früher nur im Setting vermutet, und das Spielsystem zu wenig mit einbezogen. Das neue Katharsys erfüllt diese Aufgabe viel besser, es verbindet Setting und Regeln miteinander und erlaubt eine größere Vielfalt, die sich eben auch aus den Regeln ergibt und nicht nur aus dem erzählerischen Aspekt des Spiels.

Wie viele Stunden Arbeit habt ihr über den Daumen gepeilt in die Rebirth Edition investiert und hat es sich aus Deiner Sicht gelohnt?
Stunden? Ha. Das kann ich nicht sagen. Die Rechnung hat noch niemand aufgestellt. Aber wir haben zwei volle Jahre daran gesessen. Im Endeffekt könnte man sagen, wir haben eine Seite pro Tag fertiggestellt, auch wenn es sicher nicht so pauschalisierbar ist. Manche Sachen gehen leichter von der Hand, andere Bereiche dauern ewig. Die Geißler beispielsweise waren einer der härtesten Brocken überhaupt. Chris und ich haben bestimmt zwei Wochen nur damit zugebracht, den Kult auseinanderzunehmen, wieder zusammenzusetzen und dann trotzdem alles zu verwerfen. Es gab so viele Anläufe, die am Ende alle in der Tonne gelandet sind, während andere Bereiche wie selbstverständlich mit neuen Ideen bestückt werden konnten.

Und ob sich die Investition in ein RPG lohnt, steht wirklich außerhalb jeder Debatte. DEGENESIS ist ein Liebhaberprojekt mit größtmöglicher Ambition, jede Stunde, die man investiert, macht das Produkt nur besser und schöner. Das ist das Lohnenswerteste an dem ganzen Produkt.

Wie schwer war es die Motivation zu behalten?
Sehr schwer. Gerade weil das Ausmaß nicht immer von vornherein abschätzbar war. Ursprünglich hatten wir 500 Seiten veranschlagt um die D:RE neu aufzulegen, aber schnell wurde klar, dass sie an allen Ecken und Enden immer dicker wurde. Fast wöchentlich mussten wir die Seitenzahl neu festlegen, und neue Kostenvoranschläge beim Drucker bestellen. Das kann auf Dauer demoralisierend wirken, vor allem wenn man den Punkt erreicht, an dem man zu glauben beginnt, dass dieses Projekt niemals fertig werden wird. Wenn man dann bedenkt, dass man zwei Jahre Arbeit in etwas investiert hat, das inzwischen jeden Rahmen sprengt, schlägt das schon aufs Gemüt.

Der Vorteil an Teamarbeit wiederum ist, dass man solche Motivationslöcher gemeinsam überwinden kann und dann trotzdem wieder aufsteht und weiter macht.

Ausstattungstechnisch kommt D:RE gewaltig daher. War Dir / Euch schnell klar, dass die Rebirth so gewaltig daherkommen soll?
Der Plan war von Anfang an, es optisch so eindrucksvoll wie möglich zu gestalten. Dadurch dass die Seitenzahl jedoch immer weiter nach oben ging, wirkte sich das ebenfalls auf den Illustrationscount aus, was dazu führte, dass wir viel mehr Graphiken und Bilder erstellen mussten als ursprünglich geplant. Weil aber auch die reine Textmasse immer größer wurde, mussten wir im Nachgang circa 40 Illustrationen wieder rausnehmen und werden diese nun anderweitig verwerten müssen. Wir hoffen, dass wir sie in Nachfolgeprodukten entsprechend unterkriegen.

Was ist für Degenesis Rebirth, sagen wir, in den nächsten zwölf bis vierzehn Monaten geplant?
Eine ganze Menge. Unser Verlagsplan ist relativ weit aufgefächert. DEGENESIS: Black Atlantic wird unser erstes Nachfolgeprodukt für das Rollenspiel. Ein intensiver Kampagnenband, der die Spieler an die Westküste Frankas entführt und einige der großen Geheimnisse enthüllt, die wir schon in der Rebirth Edition gestreut haben. Weiterhin arbeiten wir an zwei sehr aufwendigen Quellenbüchern, zu denen ich in diesem Augenblick noch nichts verraten möchte. Da wird es in den kommenden Wochen und Monaten noch spannende Enthüllungen geben. Einfach die Füße still halten, wir geben Bescheid, wenn es etwas zu gucken und kaufen gibt.

Wird es zukünftig auch Support u.a. auf Cons geben?
Ja, wir werden auf der RPC 2015 mit eigenem Stand vertreten sein. Dort kann man uns dann mit Fragen löchern, Bücher signieren lassen und hoffentlich die eine oder andere Runde spielen.

Was steckt hinter dem Label SIXMOREVODKA?
SIXMOREVODKA ist meine Firma, ein Conceptart- und Designstudio in Berlin, 2010 gegründet. Früher habe ich das Label schon für mich selbst genutzt, der Name ist relativ alt – bereits 2004 in Amsterdam nach einer durchzechten Nacht entstanden. Ich hatte mir immer vorgenommen, später irgendetwas mit dem Namen zu machen, schlussendlich wurde es der Firmenname selbst. SIXMOREVODKA produziert Konzepte, Ideen, Skizzen, Marketing-Artwork, Illustrationen für eine riesige Bandbreite internationaler Kunden. Wir beliefern Größen wie Warner Brothers, Sony und Riot Games mit einer Vielfalt an Artwork, Konzeptionszeichnungen und dergleichen, die wiederum in die Preproduction von Videospielen oder Filmen einfließen. Das ist streckenweise eine sehr spannende und vielfältige Arbeit, da wir unsere Fähigkeiten in verschiedenen Genres anwenden müssen und meist bei den ersten Schritten, die ein Videospiel oder Film auf sich nimmt, mit dabei sind.

Was hältst Du Leuten entgegen, die sagen, dass das ganze nur als Imageprojekt für SIXMOREVODKA zu sehen ist?
Also, so gesagt hat mir das noch niemand, aber was soll es denn auch anderes sein? Kein Imageprojekt für die Firma? Ich wäre ja schön blöd, etwas zu produzieren, wofür ich mich im Nachhinein schämen muss. Wenn mit der Frage gemeint ist, ob wir Rollenspiele ernst nehmen, dann kann ich getrost „Ja“ sagen. Ich liebe RPGs, bin selbst damit groß geworden. Ich habe meine Kindheit und Jugend damit verbracht Rollenspiele zu wälzen, zu spielen und zu lesen. Ich finde, es gibt kaum ein Medium, das so reich an Inspirationen ist wie Rollenspiel und ich bin froh, dass wir die Möglichkeiten besitzen unser eigenes Projekt zum Leben zu erwecken. Das machen wir natürlich mit dem höchsten Anspruch an uns selbst, denn es soll ja auch der Liebe für das Medium gerecht werden. Nichts wäre bescheuerter als so ein Nischenprodukt heraus zu bringen und es zu behandeln als ob es ein Nischenprodukt wäre. Welchen Sinn würde das machen?

Wird es eventuell mal einen Degenesis Rebirth Comic geben?
Ja, die Graphic Novel ist bereits im letzten Newsletter angekündigt worden. Die wird nächstes Jahr in Co-Produktion mit dem französischen Verlag Glénat entstehen. SIXMOREVODKA behält komplette kreative Kontrolle über das Produkt. Geplant sind drei großformatige Alben, jeweils zu 48 Seiten Vollfarbe. Glénat ist ein französisches Traditionshaus, das sich darauf versteht die besten Talente ihrer Generation zu veröffentlichen. Wir haben hier die Möglichkeit sowohl dem Rollenspiel eine Tür in die Welt des Comics zu eröffnen als auch dem europäischen Comicmarkt eine großes neues Serienformat zur Verfügung zu stellen. Ich bin sehr glücklich über die Kooperation, besonders weil ich DEGENESIS schon immer über das Medium Comics an neue Leser herantragen wollte.

Wie bist Du zum Rollenspiel gekommen?
Als 13jähriger in einem kleinen verstaubten Spielwarenladen in meiner Heimatstadt. Das Regal war gefüllt mit DSA-Boxen und einer einzigen RuneQuest-Ausgabe, die mich förmlich hypnotisierte. Von DSA wusste ich, dass Freunde es spielten, aber von RuneQuest hatte ich zuvor nie gehört. Das Cover und den marmorierten Einband fand ich moderner als die DSA-Titelbilder, es wirkte extravaganter neben all den anderen Boxen. Ich schlug also zu und verbrachte die nächsten zwei Wochen damit das Regelwerk zu lesen und meinen Schulfreund Lars zum Spielen zu überreden. Kurze Zeit später hatten wir eine vierköpfige Gruppe und spielten unsere erste Kampagne über gute drei Jahre, in den Sommerferien fast jeden Tag im Garten oder auf dem Balkon und im Winter am Küchentisch. Von allen Hobbys begleiten mich Rollenspiele am längsten und ich habe damit vielleicht den Großteil meiner Jugend verbracht.

Findest Du heute noch die Zeit zum Spielen?
Leider kaum, wobei wir gerade versuchen im Studio wieder eine Gruppe entstehen zu lassen. Ich leite Kampagnen enorm gerne, aber ich tendiere auch zu einem sehr aufwändigen Perfektionismus in der Vorbereitungsphase. Bereits Wochen vor Spielbeginn zeichne ich tonnenweise Ingame-Kartenmaterial, altere es mit Kaffee und backe sie dann im Ofen, um sie wie echte Filmrequisiten aussehen zu lassen. Ich mache Aufnahmen von Tonträgern, stelle die perfekte Musik für jedes Abenteuer zusammen, zeichne Portraits für NSCs, oder schreibe ganze Zeitungen, die von den Spielern im Spiel erworben werden können. Das ist extrem zeitraubend und das kann man nur mit einer vernünftigen Gruppe lange Zeit durchhalten.

Du hast auch bei einigen anderen Rollenspielprojekten neben Degenesis Deine Spuren hinterlassen. Wie kam es dazu, dass Du Dein Talent zum Zeichnen entdeckt hast?
Ich habe von Kindesbeinen gerne gezeichnet. Das war mein großes Hobby und ich habe viel von meiner Freizeit damit verbracht Dinge zu entwerfen, zu denen es keine Bilder gab. Nehmen wir das RuneQuest-Beispiel von vorhin, im Regelwerk gab es kaum Bilder, doch viele Kreaturen und Charaktere hatten tolle Namen: Bruus, Oger, Wyvern, etc. Die Beschreibungen weckten bestimmte Ideen in meinem Kopf, die ich auf dem Papier umgesetzt sehen wollte. Dass ich als Illustrator zuerst im Bereich der Rollenspiele tätig war, ist vielleicht am meisten Vampire: Die Maskerade geschuldet. Das Buch hat mich von der Aufmachung damals als 15jähriger sprichwörtlich vom Hocker gehauen. Waren Rollenspielbücher bis zu dem Zeitpunkt oft Textwüsten und Tabellenlandschaften gewesen, gab es plötzlich eine kleine Revolution: Bücher voller Bilder, ganzseitige Darstellungen von Charakteren, eigene Logos für Fraktionen und vieles mehr. Das war mein Einstieg, da wollte ich mit dabei sein und meine Ideen beisteuern.

Da sind wir dann wieder bei Degenesis angekommen. Da legt ihr ja die Messlatte extrem hoch. Meinst Du, dass die anderen Verlage folgen werden/können?
Das will ich wirklich hoffen, bzw. ich finde, dass die Verlage es dem Medium schuldig geblieben sind. Seit D&D 3 habe ich keine echte optische Revolution mehr im RPG-Bereich gesehen. Vielmehr gibt es einen Rückschritt in der generellen Qualität der Bücher, vor allem in Deutschland. Das ist ein Armutszeugnis für das Medium. Schlechte Typographie, schlechte Produktqualität; Textwüsten wie vor 25 Jahren werden als das Nonplusultra gepriesen, sind es aber nicht. Das Schlimmste ist, dass den Fans eingebläut wird, es ginge gar nicht anders und man soll gefälligst glücklich sein mit dem was man hat. Das finde ich im Kern falsch, denn ohne Risiko und Einsatz entwickelt sich nichts weiter. Und dass man Rollenspiel nicht auf hohem Niveau produzieren kann, ist ebenfalls Quatsch. Die Riesensummen, die bei Kickstarter für manch ein Projekt an Land gezogen werden, sollten die Erwartungshaltung der Fans gehörig nach oben schrauben und sie fragen lassen, warum es dann nicht möglich ist, ähnlich hohe oder sogar höhere Qualität zu erwarten als von einem Independent-Projekt wie DEGENESIS.

Wie beurteilst Du die Entwicklung auf dem deutschen Rollenspielmarkt bzw. siehst Du da eine Entwicklung?
Mit dem deutschen RPG-Markt habe ich persönlich nicht viel am Hut, bzw. interessiert er mich auch nicht wirklich. Mir sind unsere Fans wichtig. Diese Leute liegen uns am Herzen, und unser Rollenspiel bedeutet uns viel. Der Markt selbst ist träge, konservativ und zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ihm fehlt auch das Verlangen, dass es besser werden könnte, denn in einer kleinen gemütlichen Mulde suhlt es sich besser. DEGENESIS erfährt viel mehr Support, Zustimmung und Lob aus dem Ausland, als es in Deutschland je möglich wäre. Die Voreingenommenheit gegenüber Neuerungen und der Hang zum nostalgisch Altmodischen ist eine typisch deutsche Affekthaltung.

Was wünscht Du Dir für die Zukunft unseres gemeinsamen Hobbys?
Mehr Qualität. In Text und Bild. Und Fans, die sich nicht mit schlechtem Material zufrieden geben, sondern die Verlage unterstützen, die sich Mühe mit ihren Produkten geben.

Zum Schluss würde ich gerne ein paar kurze Fragen mit der Bitte um kurze Antworten stellen.

Dein Lieblingsbuch?
Ham on Rye (Bukowski)

Dein Lieblingscomic?
From Hell (Alan Moore)

Dein Lieblingsfilm?
There Will Be Blood

Dein Lieblingsgetränk?
Vodka Tonic

Dein Lieblingsmusikalbum?
Die Antwoord – Tension

Vielen Dank für das Interview!

2 Kommentare zu „[Interview] Im Gespräch mit Primal Punk Marko Djurdjevic“

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