[Rezension] Die dunkelbunten Farben des Steampunk

as-DieDunkelbuntenFarbenDesSteampunkHerausgeberin: Grit Richter
Verlag: Art SKript Phantastik
Format: Paperback
Seitenzahl: 280
Erschienen: März 2015
ISBN: 978-3945045022
Preis: 13,80 Euro

von: kris

Steampunk-Anthologien gibt es viele, aber kaum einige sind so phantasiereich gestaltet wie die von Grit Richter und ihrem Art Skript Phantastik-Verlag. Gerade für die neuste Sammlung hat sie sich etwas einfallen lassen, und so ist der Titel „Die dunkelbunten Farben des Steampunk“ auch zugleich Programm. Vierzehn Geschichten von vierzehn Autoren finden sich in der Anthologie, alle beschäftigen sich in irgendeiner Form mit einer ausgewählten Farbe.

Klappentext:
Lassen Sie sich entführen zu den dunkelbunten Seiten der Steampunk-Welten! Zwischen Zeppelinen und Dampfmaschinen schlängeln sich mannigfaltig schattierte Farben durch die Geschichten und wispern den Zahnrädern Geheimnisse zu. Mal äußerst prägnant, mal zurückhaltend dezent erzählen sie von einer retro-futuristischen Welt, die es nie gab, von vergessenen Nuancierungen und verlorenen Träumen. Jede Geschichte erzählt von ihrer eigenen Farbe, die sich selbst in den Buchstaben widerspiegelt und gemeinsam ergeben sie eine Anthologie, die ihres Gleichen sucht.

Zum Inhalt:
„Silberne Augengläser“ werden zum Schlüssel einer Gefahr, die sonst nicht erkannt werden könnte. Aber zunächst einmal macht sich die resolute Miss Peabody auf die Suche nach einem guten Freund und muss sich dabei auch mit Jack the Ripper herumschlagen, ehe sie die Wahrheit herausfindet.
„Rosaroter Dampf“ – woher stammt der? Simon macht sich Sorgen um seinen Freund Adam, der die Nähmaschinentechnik revolutioniert hat, was allerdings einigen Schneidern nicht gefällt. Zu diesen Schwierigkeiten kommt auch noch die Tatsache, dass sich Adam stark verändert hat. Liegt das an seiner neuen Bekanntschaft, die ihm bei den Entwicklungen hilft?
„Rot wie Teufelsatem“ ist eine Droge, die Jonathan Archer nimmt, um den Verlust seiner gesamten Familie ertragen zu können. Doch ist das wirklich die Lösung, oder sollte er vielleicht besser das Hilfsangebot von unbekannter Seite annehmen?
„Helena Roth und die grasgrüne Seide“ führt die Ermittlerin und ihre Freunde in eine geheimnisvolle Stadt, in der dieser seltsame Stoff, hergestellt von den Baumann-Brüdern, die Einheimischen nicht zum Guten verändert. Was haben die beiden wirklich aus Indien mitgebracht. Nur einen Farbstoff?
„Biggels Gespür für Moos“ ist zweifellos sehr ausgeprägt. Der Beagle kommt so nicht nur Leichen auf die Spur, die unter einem Teppich aus Moos versteckt werden, sondern auch einer Intrige, die sich mehr um sein Herrchen zentriert, als ihm lieb sein dürfte.
Alexander Phelan wurde von seinen Adoptiveltern als Baby gefunden, aufgezogen und zu einem Jäger des Übersinnlichen ausgebildet. Doch nun wird „Aconitum Napellus – Dunkelblaues Gift“ zum Auslöser düsterer Ereignisse, an deren Ende eine Verwandlung steht.

Dies sind nur einige der sehr unterschiedlichen Erzählungen, die alle eine bestimmte Farbe im Titel tragen, und – man mag es zunächst nicht glauben – auch genau in diesem Farbton gedruckt sind. Das ganze geht auf eine Idee der Herausgeberin und Verlagsleiterin zurück und macht das Buch schon so zu einem ungewöhnlichen Anblick, der für zusätzliche Stimmung sorgt.
Aber auch die Geschichten selbst können sich sehen lassen. Natürlich finden sich überall die Elemente, die das Steampunk-Setting glaubwürdig machen – Dampfmaschinen aller Art und Luftschiffe, das moralische Selbstverständnis und den Zukunftsglauben der viktorianischen und wilhelminischem Gesellschaft und der Umgang mit den unteren Klassen, bzw. nichteuropäischen Völkern.
Die Erzählungen selbst sind bunt durchmischt – es gibt klar gestaltete Abenteuer, in denen die Helden sich mit uralten Feinden und intriganten, nicht immer ganz menschlichen Gegnern herumschlagen müssen, verzwickte Kriminalgeschichten, aber auch melancholische Augenblicke, die sich ganz auf das Schicksal einer Figur konzentrieren, oder gar handfeste Action mit einem nicht zu verachtenden Anteil an Horrormomenten. Mehrfach lassen auch die Gestalten und der Mythos, den H. P. Lovecraft entwickelt hat, grüßen.
So liest sich keine der Geschichten wie die andere – mehr als sonst haben auch Frauen einen wichtigen Anteil an der Handlung und sind nicht nur schmückendes Beiwerk, was vielleicht auch daran liegt, das die Hälfte der Autoren weiblich ist.
Bei allen stimmt die Atmosphäre, man fühlt sich wirklich in die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts versetzt und so die Stadtansichten und Kostüme im Kopf.
Letztendlich kann jeder Leser seine Favoriten herauspicken und dennoch rundum zufrieden sein, denn keine der Geschichten ist qualitativ schlechter als die andere. Jeder Autor hat seine Ideen glaubwürdig und lebendig vermittelt, auch die angesprochenen Themen sind nicht das, was man sonst immer zu lesen bekommt, sondern ragen aus der Masse heraus.

Mein Fazit:
„Die dunkelbunten Farben des Steampunk“ ist damit nicht nur optisch eine ungewöhnliche Anthologie, auch inhaltlich ragt sie aus der Masse gleichartiger Titel heraus. Wer gerade Freude an dem Thema hat und verzweifelt Lesestoff sucht, den er nicht schon dutzende Male in anderen Sammlungen genossen hat, der sollte zugreifen, denn hier findet er nicht nur stimmungsvolle sondern auch abwechslungsreiche Geschichten, die an Spannung nichts vermissen lassen. Zugreifen lohnt sich!

Meine Wertung:
4,5 von 5 Farbeimer