Fragestunde #3: Was muss ich als Sehender (Spieler oder Spielleiter) beachten, wenn ich mit dir spiele?

© Würfelheld

Ich habe auf Social Media folgende Frage gestellt: „…Also, was wolltest du schon immer über „Spielen als blinde Person“ wissen ??? Keine Scheu, einfach her mit deiner/n Frage/n!“.

Hier eine Frage, welche mir von Ralf Sandfuchs gestellt wurde: „Was muss ich als Sehender (Spieler oder Spielleiter) beachten, wenn ich mit dir spiele? Oder muss ich gar nichts beachten? “

Ok, die Vorgeschichte meiner Einschränkung kannst Du im Artikel „Blind am Rollenspieltisch“ oder in der 42.Folge des Niveauvollen Trashtalks „Barrierefreiheit im Rollenspiel“ nachvollziehen. Aber das hält mich jetzt nicht davon ab hier auf Deine Frage einzugehen. Und „blind“ ist nicht gleich „blind“. So zählt man in Deutschland als „blind“ wenn man maximal 2% Sehkraft aufweist.

Ich gestehe, für die Beantwortung dieser Frage habe ich mich mit zwei Mitsspieler*innen aus meinen Runden unterhalten, denn aus meiner Perspektive ist das ja „normal“ bzw. es hat sich ja über die Jahren hinweg eingegroovt. Somit möchte ich das Ganze, am besten an Beispielen auf Conventions oder aber neuen Runden schildern. Und ich interpretiere es einfach mal ein wenig, denn ich gebe mal ein paar Beispiele… denn vereinfacht gesagt, es ist ein Geben und Nehmen – keine Sonderbehandlung! Aber lest selbst.

Also ich gehe mit meiner Einschränkung offen auf Leute zu. Sprich wenn sich die Gruppe trifft, erklär ich kurz das ich Blind mit Restsehkraft bin. Dabei stelle ich auch offen die Frage ob jemand damit ein Problem hat. Wenn ja, kann man mir das sagen. Ich spreche gerne dann mir der Person, solange es im ordentlichen Rahmen bleibt. Ich kann auch anders, denn „wie man im Wald reinruft, so schallt es zurück“. Aber ich will niemanden missionieren, beide Seiten können schließlich schlechte Erfahrungen gemacht haben. Also Hand gegeben und getrennte Wege gegangen. Gut ist!

Nun gibt es ja zwei Wege auf einer Convention zu spielen. Zum einen ist jemand aus meiner Stammgruppe dabei. Dann braucht man nicht viel erklären, denn wir sind eingespielt und die Hilfe, z.B. bei Würfelergebnissen, Werte auf dem Spielbogen heraussuchen sind kein Thema. Wenn ich nun niemand bekannten mit dabei habe, dann erkläre ich den Mitspieleenden(li oder re neben mir) halt wo ich Hilfe brauche und mache mich im Spiel auch gerne immer wieder bemerkbar. Klar ist das dann für beide Seiten ab und an mal ungewohnt und vielleicht sogar nervig, gehört aber dazu – und in der Regel lass ich hinterher einen Kaffee oder Kaltgetränk springen. Wirkt Wunder 🙂

Wenn es um den Einsatz von Gebäude- oder Umgebungspläne/-skizzen geht, kann man schon viel durch den Einsatz von dickeren Stiften erreichen, z.B. schwarze Edding 3000 – ja das ist anders als schnell mit Bleistift oder Kugelschreiber. Wenn es Originalzeichnungen/-Skizzen sind, muss ich mir die halt alleine anschauen (näher vor die Augen halten) oder brauche eine gute Beschreibung, wo ich auch gerne Nachfragen stelle. Mein räumliches Denkvermögen und Orientierung funktioniert sehr gut (frag mal meine Mitfahrenden auf Convention, wer den Weg kennt bzw. sich im Parkhaus oder auf Parkplätzen zurecht findet (warum auch immer)).

Wenn man dann also die Skizze vor sich hat und möchte seine Charaktere und Gegenspieler*onnen nun auf dieser platzieren sollte man nicht auf Bleistiftmarkierung zurückgreifen. Das geht für mich gar nicht mehr! (ging am Anfang mal). Hier kann man ja gut unterscheidbare Minis, Pöppel, Würfel oder Steine nehmen. Da findet sich immer etwas passendes. Wobei hier verlasse ich mich sowieso nicht so wirklich auf die Karte, sondern auf die Beschreibung und Darstellung des SL.

Für die Erkennbarkeit/Handhabung von Charakterbögen kann man mehrere Arten wählen. Zum einen wie oben genannt, wenn es die Standardbögen sind (Papier), einen Mitspielenden einspannen und um Hilfe bitten. Zum anderen wenn ich meinen mitgebrachten Charakter spiele, weiß ich oft die Werte aus dem Kopf, wobei es sich dann auch nicht um die Originalbögen handelt, sondern ich mir die Arbeit gemacht habe und diese Charaktere auf eigene Bögen geschrieben habe, sprich Schriftgröße und -art meinen Bedürfnissen angepasse. So kann dann ein 2 Seiten Bogen schon mal 4-5 Seiten in Anspruch nehmen. Die dritte Möglichkeit ist der Einsatz eines Tablets oder Smartphones. So habe ich das Original-Dokument vorliegen und kann dort „normal“ darauf zugreifen – mit Einsatz von Bedienhilfen kann ich viel erreichen. Als Beispiel, ich mutze ein iPhone mit iOS 16.3. Hier ist dann die Bedienhilfe Zoom aktiviert. Außerdem ist die intelligente Farbumkehr aktiv. Weiterhin ist Fetter Text eingeschaltet. Die Übergänge sind deaktiviert. Weiterhin ist Siri aktiv, so dass ich Änderungen schnell per Sprachbefehl machen kann. Hilft gut bei aktivieren und deaktivieren der Farbumkehr. Der Einsatz des Devices hat aber auch Nachteile. Zum einen besteht ein erhöhtes Beschädigungs- und Diebstahlpotenzial und zum anderen die Laufzeit der Akku und Powerbank sind begrenzt. Weiterhin kann ich auf Pocket Lesegerät zugreifen. Ein Gerät welches Texte vergrößert darstellt. Ist ganz ok und für das hin und wieder mal einsetzen ganz ok. Aber auch hier ist die Achillesverse halt die Akkulaufzeit.

Für die nächsten Conventions wird noch der Einsatz einer OrCam geplant. Das ist eine intelligente KI gestützte Kamera, welche an der Brille angebracht ist und dank Erkennungshilfe einem Informationen bietet. Diese muss ich dann mal 1:1 gegen die Funktionen meine Smartphones stellen, und dann sehen was mich besser durch den Tag bringt. Anfänglich ein gutes Hilfsmittel, derzeit ein wenig nervig!

Wenn ich nun die Seite wechsel, also von Spieler hin zum Spielleiter, ist das Ganze nicht viel anders. Spielpläne habe ich direkt in für mich erkennbarere Form vorbereitet, oder skizziere schnell mit permanent Marker etwas. NSCs finden sich vorbereitet, wobei wenn ich improvisieren muss, dann nehme ich gerne einen Charaktere aus einem Buch oder eine meiner Spielcharaktere, da brauch ich mir kein Kopf machen, das ich meine Sauklaue selbst nicht lesen kann 🙂 . Würfel und Marker habe ich immer genügend mit dabei – also auf in den Kampf oder in Gegenrichtung vorrücken 🙂 .

Auch ja, womit man immer rechnen muss, ist das ich Entfernungen, z.B. zu Chips, Weingummi oder Softdrinks nicht richtig einschätze und dadurch etwas verschoben wird, oder schlabbert (wobei da sind ehr andere Leute Experten drin :.) ).

Natürlich muss ich auch beim Würfeln ei wenig schauen. Dafür empfehle ich einen Blick in den vorangegangenen Artikel „Fragestunde #2: Wie würfelst du als blinder Spieler“

Zum Schluss erlaubt mir noch zu sagen, wenn wir uns mal am Spieltisch treffen, bitte packt mich nicht in Watte. Einfach normal bleiben! Alles andere ist einfach nur nervig!

Somit freue ich mich schon auf die nächsten Spielrunden. Ich hoffe mir jemanden von Euch!!!

Würfelheld

L I N K S

4 Kommentare zu „Fragestunde #3: Was muss ich als Sehender (Spieler oder Spielleiter) beachten, wenn ich mit dir spiele?“

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