
Autor: Stefan Feld
Grafik: Marc Margielsky
Verlag: Pegasus Spiele
Spielerzahl: 2-5
Spieldauer: 45-90 Minuten
Spielmotivation: Kenner Wirtschaft, Strategie
Alter: ab 10 Jahren
ASIN: 4250231711244
Preis: ca. 25 Euro
von: Kris
Schon eine ganze Weile stehen die Wikinger hoch im Kurs. Galten sie früher als die brutalen Barbaren aus dem Norden, die nur rauben und plündern konnten, zeichnen moderne Wissenschaftler und Autoren nun ein ganz anderes Bild und zeigen, dass die Gesellschaft der seefahrenden Skandinavier viel differenzierter und kultivierter zu sehen ist und nur ganz wenige von Ihnen wirklich ihren Lebensunterhalt mit Plündern verdienten. Die meisten waren Händler, Handwerker und Bauern in kleinen Dorfgemeinschaften.
Das Brettspiel „Jorvik“ will das Leben in einer solchen Siedlung im Verlauf der Jahreszeiten nachverfolgen, verbunden mit den wirtschaftlichen Aspekten, die das mit sich bringt und der Rivalität zu anderen Stämmen.
BOXTEXT
In der Wikingerzeit wurden Teile von England für mehrere Jahrzente von den Nordmännern besetzt. Unter ihrem Einfluss entwickelte sich eine der größeren Städte in ein blühendes Zentrum des Handels und Handelswerks. Die Wikinger nannten die Stadt und das umliegende Königreich Jórvík – heute bekannt als die Stadt York.
In diesem Spiel schlüpfen die Spieler in die Rolle von Jarlen, den Anführern der Wikinger. Sie sammeln Prestigepunkte, indem sie mit Waren handeln, große Feste feiern, Plünderfahrten finanzieren, Handwerker anheuern und Soldaten einstellen, die die Stadt gegen wiederkehrende Angriffe schützen. Der Spieler mit den meisten Prestigepunkten gewinnt.
Jórvík ist eine neugestaltete Version des Spiels Die Speicherstadt (2010), einem der erfolgreichsten Titel von eggertspiele. Im Spiel erwerben die Spieler Karten aus einer Auslage durch einen sehr einfachen und dennoch brillanten Arbeiter-Einsetz- und Biet-Mechanismus, um ihr Handelsimperium aufzubauen. Jórvík wird zwei Versionen beinhalten: Das Grundspiel, welches äquivalent zu Die Speicherstadt ist, und ein fortgeschrittenes Spiel, welches der Ergänzung von Die Speicherstadt durch die Erweiterung Kaispeicher entspricht.
Habt ihr Die Speicherstadt verpasst oder hat euch das Thema nicht zugesagt, dann bietet Jórvík euch die Chance ein fantastisches Spiel und einen hochgelobten Mechanismus in einer neuen und ansprechenden Überarbeitung zu erleben.
BOXINHALT
1 Spielplan
104 Karten
54 Warensteine in verschiedenen Farben
1 Beutel
22 hölzerne Wikingerfiguren in 5 Farben
5 Spielerablagen
5 Siegpunktmarker
30 Münzen
1 Startspielmarker
2 Spielanleitungen (deutsch/englisch)
SPIELIDEE
Die Spieler schlüpfen in die Rolle von Anführern oder Sippenoberhäuptern der Wikingerstämme, die sich in Nordengland in der Stadt Jorvik niedergelassen haben und dort versuchen, vor allem ihren Einfluss beim Handeln mit den erwirtschafteten Waren in Jorvik zu stärken. Kann man die Handwerker seines Dorfes mit genügend Rohstoffen ausstatten und bringt unter Umständen sogar ein Raubzug mehr?
Natürlich kommen auch Schwierigkeiten wie Angriffe der Pikten aus dem Landesinneren dazu, bei denen alle in Jorvik zusammenstehen müssen – aber letztendlich geht es darum, wer von allen am Ende die meisten Siegpunkte einfährt und dadurch am Besten da steht und die Nase vorn hat.
AUSSTATTUNG
„Jorvik“ glänzt mit einer liebevollen und reichhaltigen Ausstattung aus Pappe, Holz und Stoff. Die Karten und auch der Spielplan sind wunderschön illustriert und strahlen gleich das richtige Ambiente aus, dass man braucht, um sich in das Spiel einzufühlen.
Dazu kommen stabile Marker und Spielsteine, die durch die intensiven Farben gut voneinander zu unterscheiden sind, auch wenn sie natürlich eher stilisiert sind und weniger im Detail ausgeführt wurden.
SPIELREHEL
Die Spielregel kommt klar und übersichtlich daher. Sie ist reich bebildert, die Anweisungen sind gut verständlich und werden mit Beispielen und vielen Bildern untermalt, so dass man gleich versteht, was und wie es gemeint ist.
Da das Spiel in zwei Variationen gespielt werden kann, muss man nur darauf achten auch die richtigen Anweisungen zu lesen, da das sogenannte „Jarl“-Spiel etwas aufwendiger ist als das „Karl“-Spiel, das simpler gestaltet ist, mit dem man aber zum Einstieg wunderbar die wichtigsten Mechanismen einüben kann.
Im hinteren Teil findet man auch eine Darstellung aller Karten, so dass man diese dann problemlos den Jahreszeiten und den Spielvarianten zuzuordnen vermag.
SPIELABLAUF
Zunächst einmal müssen sich die zwei bis Fünf Spieler dazu entscheiden, welche Variante sie spielen wollen, ob sie erst nur als „Karls“ also Freibauern oder lieber schon als „Jarls“ agieren möchten. Bei der ersten Variante muss einiges an Spielmaterial aussortiert und in die Schachtel zurückgelegt werden.
Dann erhalten die Spieler ihre Spielerablagen und das dazugehörende Material, auch die entsprechenden Bereiche auf dem Spielbrett werden vorbereitet und die Karten einmal gründlich gemischt und die Warenwürfel in den Beutel getan, damit sie verdeckt gezogen werden können.
Der Startspieler eröffnet die erste Runde, die in mehrere Phasen aufgeteilt ist und dann endet, wenn die letzte „Angriff der Pikten“-Karte als einzige verbliebene Karte ausgespielt wird. Dann beginnt die Auswertungsphase, in der jeder seine Siegpunkte zusammenzählt und aufaddiert.
In der ersten, der „Angebotsphase“ zieht der Startspieler die Karten, die in dieser Runde zum Verkauf stehen und legt sie auf die Kartenfelder des Spielplans aus. Dann ist normalerweise die Runde beendet, es sei denn eine Schiffskarte oder „Der Angriff der Pikten“ gehören dazu.
Dann werden die dazu gehörigen Aktionen ausgeführt, das heißt bei ersterer bis zu drei Waren drei Waren zu ziehen und auf die abgelegte Karte zu platzieren.
Bei einem „Angriff der Pikten“ muss jeder seine Verteidigungspunkte auf den zugeteilten Kriegerkarten aufaddieren, denn das bestimmt, ob der Spieler Siegpunkte gewinnt oder verliert.
In der „Nachfragephase“ stellen die Spieler ihre Figuren auf die Felder um ihr Interesse an bestimmten Karten zu signalisieren, bei denen dann in der Kaufphase entsprechend geboten wird. Reihum entscheidet sich jeder, ob er Interesse an der entsprechende Karten hat oder nicht und legt eine entsprechende Menge von Münzen aus, oder nimmt seine Figur zurück. Am Ende geht die Karte an den Höchstbietenden, der sie in den Verladebereich der Spielerablage legt. Karten, die nicht erworben werden, werden zurück in die Box gelegt. So verfährt man, bis man mit allen Karten durch ist.
In der „Verladephase“ schließlich erhalten die Spielerinnen Einkommen, verladen ihre Waren und legen die Karten in ihrem persönlichen Ablagebereich, damit sie später ausgewertet werden können.
Damit endet dann auch die entsprechende Runde und die nächste nimmt ihren Anfang bis zu dem Moment, in dem die finale „Angriff der Pikten“-Karte ausgespielt wird. Danach beginnen die Spieler die Werte der Karten in ihrer Spielablage zusammen zu zählen, und der mit den meisten Siegpunkten gewinnt.
MEINE MEINUNG
Auch wenn die Gestaltung neu und modern ist, eine ganz andere Welt vorgaukelt im Großen und ganzen gleicht das Spiel doch dem älteren „Speicherstadt“-Spiel von Martin Feld samt seiner ersten Erweiterung. Eifrige Brettspiel-Fans werden das schnell erkennen und müssen für sich entscheiden, ob sie diese Variante auch noch mitnehmen wollen, wenn sie die ältere Ausgabe, die noch unter Hamburger Kaufleuten spielt, bereits besitzen.
Ansonsten wendet sich das Betttspiel an alle, die bereits ein bisschen Erfahrung mit Wirtschaftssimulationen haben. Damit dennoch eine einfachere Variante zum Einstieg gespielt werden kann, gibt es das sogenannte „Karl“-Spiel, bei dem einiges an Karten weggelassen werden kann, durch die die Spielregeln entsprechend verkompliziert und erweitert werden.
Durch die schlichtere Variante übt man aber sehr schnell und einfach die grundlegenden Spielmechanismen ein und hat so einen recht einfachen Einstieg, selbst wenn man noch nicht besonders erfahren ist.
Viele Regeln sind es tatsächlich nicht, die man sich merken muss, aber darin liegt auch ein Trick des Spiels. Bestimmt wird es zwar auch durch ein wenig Kartenglück, aber in erster Linie zählen ihr Kombinationsgabe und Voraussicht der Spieler. Es ist entscheidend, nicht nur seinen eigenen Vorteil im Auge zu haben, sondern auch ein wenig auf die anderen zu achten und zu schauen, was sie machen.
Generell spielt man aber für sich, nur in der „Nachfragephase“ kommt man in Kontakt mit den anderen – wenn es darum geht, sich einander die lukrativsten Waren abzujagen. Und das kann es in sich haben, wenn gleich mehrere Spieler auf eine lukrative Karte aus sind.
Wichtig für das eigene Fortkommen ist eine ausgewogene Mischung aus Handwerkern, Schiffen und Kriegerkarten in der eigenen Auslage, auch Händlerkarten können dabei helfen, flüssig zu bleiben und nicht irgendwann dumm da zu stehen, ein Lagerhaus kann dabei helfen, Waren zu verstauen, die man sonst aufgeben müsste, weil man nicht genug Kapazitäten bei den Händlern oder Handwerkern hat.
Gelage- und Raubzugskarten bringen Siegpunkte, ohne dabei viel in waren investieren zu müssen, auch die können den Spielgewinn beeinflussen, wenn man einen gleichermaßen gewitzten Gegner auf der anderen Seite hat.
Alles in allem macht Jorvik Spaß, wenn man ein solides Handelsspiel sucht, bei dem es in erster Linie um das Ersteigern und Optimieren seines eigenen Decks geht. Die Regeln sind sehr übersichtlich gehalten, so dass auch Kinder sie schon verstehen können, auch die eher simplen Abläufe erlauben es gelegentlichen Spielern schnell wieder in das Geschehen hinein zu kommen. Und die einzelnen Runden sind auch nicht so lang und komplex, dass sie einen ganzen Abend fressen.
Freude sollte man allerdings an Strategie und Taktik haben, denn letztendlich ist das Glück nicht die Hauptsache, sondern das eigene Können, wenn es darum geht, bei wichtigen Karten zuzuschlagen.
„Jorvik“ ist eine Handelssimulation, die sowohl Kenner als auch halbwegs erfahrene Spieler anspricht, die Lust auf eine eher regelarme aber doch abwechslungsreiche Schlacht um Handel und Waren haben, in der die eigene Strategie und Taktik im Vordergrund stehen, und das in einem Setting, dass durch die schöne Bebilderung ein wunderbares Ambiente ausstrahlt.
Kurzum: Wer Freude am Knobeln und knallharten Feilschen hat, der sollte ruhig einen Blick riskieren.
MEINE WERTUNG
4 von 5 Wikinger