[Rezension] I AM ZOMBIE – Play Kit (Brettspiel)

Autor: Mark Rein-Hagen
Hersteller: Make Believe Games
Sprache: Englisch
Umfang: Box mit Regelwerk, Würfel, Karten, ein Character Journal und 48 Poker Chips, ein fettes Hardcover-Hintergrundbuch
Preis: ca. 35 Euro

von: Moritz

Mann-mann-mann! Jetzt bin ich glatt ein paar Mal völlig falsch an dieses Spiel herangegangen. Das kommt mit ner Box und nem fetten Hardcover daher. Ich hab kurz in die Box gesehen und mir dann das Hardcover zur Brust genommen und einige Male quergelesen. Dabei habe ich mich die ganze Zeit gefragt: „Wo, bitte sehr, ist hier das Spiel???“ Wie ihr gleich lesen werdet, wäre es sinnvoller gewesen, mit dem Inhalt der Box zu beginnen…

DIE AUFMACHUNG
Ich mag Box und Hardcover. Die sehen schon von außen aus wie aus einem Guss. Das dicke Buch ist toll aufgemacht – völlig chaotisch und nur mit der notdürftigsten Struktur versehen, aber es ist einfach mal erfrischend anders, wenn man das Standard-Rollenspielbuch gewöhnt ist. Und der Inhalt der Box ist klasse (wenn auch überraschend ist, dass ein kleines Heftchen von 32 Seiten das eigentliche Regelwerk für den Trümmer ist). Spezielle Würfel sind immer gut, das Character Journal sieht wirklich edel aus, die Karten sind stabil, lediglich die Poker Chips dürften gerne aus echtem Pokerchip-Material bestehen (was das auch immer sein mag), die dicke Pappe ist zwar okay, aber so richtig edel ist halt einfach anders. Ja, ich weiß, das wäre ein gigantischer Preisunterschied gewesen.

DIE REGELN
Die eigentlichen Regeln bestehen nur aus einem kleinen Heftchen, von dem noch nicht einmal jeder jede Seite beherrschen muss. Mit solch einem regelarmen System rennt Rein-Hagen ja bei mir offene Türen ein und sein „Axiom“-System ist wirklich schnell verstanden und übersichtlich dargestellt.

Axiom“ heißt das System, weil es ganz einfach aus 27 sogenannten Axiomen besteht, die nach und nach ins Spiel einführen. Ich hätte sie vielleicht etwas anders sortiert, aber alleine schon die Herangehensweise verlangt nach Lob!

#1: The Golden Axiom: The players own the game
Mal was anderes als die Goldene DSA-Regel. Die Regeln haben also nicht oberste Priorität.

#2: Character Creation: Just pick 5 cards
Jeder Spieler zieht 5 Karten (oder sucht sie sich aus), die dann seinen Charakter und dessen Fähigkeiten repräsentieren. Nun stellt jeder seinen Charakter vor und verbindet ihn möglichst mit den anderen Charakteren.

#3: Dialogue: Collaborative Storytelling
Äh, ja. Klassisch: Es gibt einen Spielleiter, der schildert eine Szene und die Charaktere reagieren darauf.

#4 Storytelling: Can I do that?
Mein Lieblings-Axiom. Viele Konflikte werden ganz einfach durch die Anzahl der Farben auf meinen 5 ID-Karten aufgelöst. Hier gibt es 5 Farben (gelb – mental; grün – social; blau – physical; rot – mayhem; lila – scourge) und ich kann bis zu 5 Punkte pro Farbe haben, woodurch ich meine Qualität auf einer kleinen Tabelle ablesen kann. Bei Einzelproben muss man einfach nur eine bestimmte Anzahl an Karten einer Farbe haben, bei Proben gegen eine andere Person geht es darum, mehr Punkte einer Farbe zu haben als der Gegner. Schlicht und elegant.

Dazu spielen dann noch Assets (grüne Texte auf den Karten) und Vices (rote Texte auf der Karte) eine Rolle.

#5: Mindset: Three Stacks of Cards
Ich platziere meine Karten so vor mir, dass sie meinen Charakter möglichst ideal darstellen – in Form von drei Stapeln für Focus (Worauf konzentriere ich mich am meisten?), Instinct (Wie reagiere ich intuitiv?) und Denial (Was versuche ich zu unterdrücken?). Zwischen zwei Szenen kann ich als Spieler alles neu gruppieren, da ist also nichts für ie Ewigkeit gelegt.

#6: Rolling Dice: The Basics
Grundsätzlich würfle ich so viele Würfel wie ich passende Farben auf meinen Karten habe. Nach eventuellem Nachwürfeln werden die Augen des Wurfes zusammengezählt. Das gilt nur für die Zahlen von 1-4, denn die 5 und 6 haben besondere Auswirkungen. Die 5 ist auf den Spezialwürfeln mit überkreuzten Knochen (Chaw) bedruckt und sorgt dafür, dass eine Szene immer unberechenbarer, denn für 5 gesammelte Punkte Chaw erhöht sich der Hazard um +1. Die 6 zeigt ein Gehirn (Brainz) und hat positive Auswirkungen (kann aber auch von einem Chaw negiert werden).

#7: The Standard Roll: Just roll the bones
Der Erzähler gibt an auf welchen der 5 Traits gewürfelt werden soll (mental, social, physical, mayhem, scourge) und er darf so viele Würfel würfeln wie er Felder dieser Farbe auf seinen Karten hat. Dazu bekommt er 3 Bonuswürfel und muss im Normalfall ein Ergebnis von 10 oder höher erzielen. Kann ein Spieler eine Fertigkeit seines Charakters ins Feld führen, die zur Situation passt (oder ein Brainz bezahlen), dann darf er seinen Wurf wiederholen.

#8: Complex Rolls: The bells and whistles
In den meisten richtig krassen Szenen reicht dann der kurze und schmerzlose Standardwurf nicht mehr aus und es wird auch mechanisch komplexer: Hier muss ich als Spieler zuerst genau formulieren, was meine Absicht ist, wobei ich den Trait angebe, die verwendete Fähigkeit (Skill) und das Werkzeug (Tool).

Prinzipiell richtet sich dann alles nach der Formel:

2-12 Rigor, 1-4 Hazard
Roll trait cards + Tool bonus

Auf Deutsch:
Der Spielleiter gibt einen Wert für Rigor an, der zwischen 2 und 12 liegt, wobei 5 durchschnittlich schwierig ist. Dazu wird ein Hazard-Wert zwischen 1 und 4 festgelegt, der darstellt, wie risikoreich und gefährlich die Aktion ist, meist wird hier der Wert bei 1 liegen.

Äh, irgendwie ist es etwas fade sich so durch die Axiome zu fräsen, aber mit Axiom 8 habt ihr die kompletten Basics mitbekommen und ich kann die restlichen Mechanismen etwas abkürzen. (Schließlich sollt ihr euch das gute Stück auch noch kaufen und nicht hier die komplett ausgelegten Regeln vorfinden…)

Zusätzlich zu diesen Grundmechanismen haben Brainz und Chaw noch weitere Einflüsse auf eure Würfe, ich kann die Twists von den drei vorderen Karten meiner Stapel anwenden und die Geschichte mit Hilfe der Bump Chips vorantreiben.

Spätere Axiome befassen sich dann mit Kontakten, die Berserkerkraft von Zombies, wenn ihr Odium-Wert hoch ist und sie getriggert werden, es gibt ein kleines Fertigkeitensystem (#25) und Vektoren, sprich: toxische Kräfte (#26) für den Extra-Bumms, wenn mir etwas quer kommt.

Abschließend gibt es noch das zweiseitige #27, in dem kurz darauf eingegangen wird, wie man mit dem Regelwerk larpen kann. Äh, für mich vollkommen uninteressant, aber eine nette Dreingabe.

MEIN FAZIT
Was soll ich sagen? I am Zombie ist mal was anderes – was völlig anderes. Und das meine ich nicht nur vom Thema her, sondern auch von den Mechanismen. Rein-Hagen ist ja dafür bekannt, neue Wege zu gehen und hier wagt er sich an ein reinrassiges Erzählspiel, das vom Material her fast schon brettspielig daherkommt. Die mich kennen, werden wissen, dass das nicht genau das ist, auf das ich persönlich stehe, aber das System macht seine Sache super, sieht exzellent aus, ist edel aufgemacht. Da kann ich nicht anders, als fast die Höchstnote zu ziehen.

Aber gerade die ultraschnelle Charaktererschaffung und die drei unterschiedlich komplexen Möglichkeiten Konflikte aufzulösen, gefallen mir ganz ausgesprochen gut.

Da freue ich mich doch glatt auf die (hoffentlich demnächst erscheinende) deutsche Fassung.

und noch ein Wort zum Abschluss: Alleine bei diesem kurzen Versuch einer Systembesprechung bin ich dermaßen froh und selig, dass ich mit der Übersetzung dieses Teils nichts zu tun habe. Das wird eine wirklich harte Aufgabe, den Ton des Originals zu treffen und dann auch im Deutschen noch cool zu klingen. Viel Spaß!

MEINE WERTUNG
4,5 von 5 unterschiedliche Zombiearten

4 Kommentare zu „[Rezension] I AM ZOMBIE – Play Kit (Brettspiel)“

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