Stefan stand mir Rede und Antwort. Es gab einiges rund um PhantaNews, Steampunk und Phantastik zu besprechen. Somit viel Lesespaß!
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Hallo Stefan,
vielen Dank das Du die Zeit für dieses Interview gefunden hast, Würdest Du Dich bitte kurz vorstellen.
Stefan Holzhauer, Jahrgang 1965, IT-Berater, Datendompteur, Designer, Pixelschubser, Publizist, Betreiber des Portals PhantaNews. In jungen Jahren mit Star Trek, Perry Rhodan und Star Wars infiziert, danach hoffnungsloser Phantastik-Fan und nicht mehr resozialisierbar. Leser, Computerspiele, Film- und Fernsehfan. Lieblingsautoren im Bereich Phantastik: Alan Dean Foster und Jim Butcher (wenn er Urban Fantasy schreibt, sein Steampunk-Roman war gruselig). Neuerdings auch viel in Sachen »Amt für Ætherangelegenheiten« in Aktion und unterwegs.
Du bist der Mann hinter PhantaNews.de. Warum dreht es sich dabei?
PhantaNews ist ein Artikelportal mit Themenschwerpunkt Phantastik in den verschiedensten Medien. Wobei ich den Fokus da nicht sklavisch scharf am Thema halte, wenn es Interessantes aus verwandten Gebieten zu berichten gibt, dann decke ich die auch ab. Themen die abgesehen vom Phantastischen immer wieder auftauchen sind eBooks, Selfpublishing, Digitalisierung und wie die Buchbranche damit umgeht, sowie das Herumgeeiere der Buchbranche im Zusammenhang mit dem Internet allgemein. Das ist aber auch ein dankbares Thema, darüber könnte man ganze Comedyprogramme schreiben. Wenn es nicht so traurig wäre … 😉
Wie kam es seinerzeit zu diesem Projekt?
Ich mache sowas Ahnliches schon seit Ende der 1990er. Zuerst wurden Emails an Interessierte herumgeschickt, dann gab es bei diversen damals üblichen kostenlosen Hostern einen Vorläufer (mit der Portalsoftware XOOPS, kennt die überhaupt noch wer?). Das hieß aus Gründen, die ich hier nicht ausbreiten möchte, »Cybertortuga«, findet man glücklicherweise heute nicht mehr im Web (oder nur wenn man wirklich tief in der Waybackmachine gräbt), aber irgendwo liegt das Zeug hier noch als SQL-Dump, den ich vermutlich nie mehr irgendwo werden einspielen können, auf einer Festplatte rum. 🙂
Danach habe ich dann Phantastik-News für zwei andere Plattformen gemacht. Irgendwann war ich dann mit der Durchführung und Themengestaltung unzufrieden, sowie der Tatsache, dass man für jede Menge freiwillige Arbeit auch noch angemault wurde, habe in den Sack gehauen und mein eigenes Ding gemacht: PhantaNews. Das war 2008. Im Oktober, wenn ich mich korrekt erinnere. Also auch schon achteinhalb Jahre. Wahnsinn, wie die Zeit vergeht.
Wo sollen sich die PhantaNews in drei bis vier Jahren befinden?
Da wo sie sich jetzt auch befinden. Ich halte nichts von Wachtum um des Wachstums Willen, nicht in der Wirtschaft und nicht bei PhantaNews. Ich denke, dass es vermutlich neue Medien oder Medienverteilformen geben wird, die nehme ich natürlich ab Entstehung ins Newsportfolio auf, deswegen wird sich die Bandbreite sicher erweitern. Ich sage nur beispielsweise VR und AR, das sind im Moment noch Nischenthemen, auch wenn sie in den klassischen Medien gehyped werden. Aber tatsächlich haben wirklich nur sehr wenige Nerds eine VR-Brille (so wie ich. Allerdings hat bis jetzt jeder, dem ich die Oculus oder PSVR aufgesetzt habe sofort gesagt: »Boah! Wie geil! Kaufe ich sofort, wenn es billiger wird!«). Was damit und mit AR tatsächlich passieren wird, darauf hat uns Pokémon Go einen kleinen Vorgeschmack gegeben. Aktuell sind erste VR-Fernsehserien in Arbeit, also Shows, die man sich mit einem Headset ansehen muss/kann und dann mitten im Geschehen ist. Da kommt eine Menge auf uns zu. Und das wird auch dann Verbreitung finden, wenn die Headsets deutlich günstiger werden, da bin ich mir sicher.
Und dann gibts noch »Nerdspace«. Ich habe immer noch die Domain nerdspace.de, da hatte ich ein Blog um Nerdkram aus den verschiedensten Gebieten wie 3D-Druck (da steht uns eine weitere Revolution ins Haus), Raspberry Pi und ähnlichen Krempel. Ich hatte allerdings keine Zeit um zwei solche Seiten zu betreiben, deswegen habe ich NerdSpace vor Monaten in PhantaNews integriert, da die Interessenten beider Themengebiete ohnehin eine große Schnittmenge aufweisen. Leider gibt es aber zu wenig Artikel zu dem Thema, das möchte ich Zukunft erweitern. Allerdings ist Zeit leider ein begrenztes Gut …
Ich habe auf PhantaNews diverse Gastautoren (danke, Leute!), das dürfen auch gern noch mehr werden, aber derzeit kommt 99 Prozent des Contents von mir. Deswegen kann ich auch einfach nicht alles oder sofort veröffentlichen, meist aus Zeitmangel. Wenn mir also mal jemand eine Pressemitteilung schickt und die kommt nicht sofort, kann es entweder sein, dass sie verspätet erscheint – oder nie kommt. Das ist allerdings in den seltensten Fällen böse gemeint, sondern einfach nur mangelnde Zeit.
Gab es ein besonders Erlebnis rund um PN, welches Dich immer wieder zum Schmunzeln oder zur Verärgerung bringt?
Auf Anhieb nichts Spezielles, ich bin nur immer wieder über Reaktionen auf manche meiner Kommentare erheitert. Es gibt ja immer wieder Rants oder Texte, die man eindeutig unter »satirisch« oder zumindest »satirisch angehaucht« einsortieren kann. Da nehme ich auch schon mal die Position des Advocatus Diaboli ein, und das mit voller Absicht, um eben Widersprüche durch Überzeichnung deutlich zu machen. Und das kriegt eine bestimmte Klientel einfach nicht mit, oder will es immer wieder unbedingt in den falschen Hals bekommen. Da zaubern mir gewisse Reaktionen ein breites Grinsen ins Gesicht, wenn sich mal wieder jemand sinnlos echauffiert, weil er sich an mir abarbeitet, statt an meiner Meinung. Die mir erklären, wie ich bin, ohne mich auch nur ansatzweise zu kennen. Mit abweichenden Meinungen kann ich super leben, die sollen ja auch durch etliche meiner Artikel initiiert werden, also ein Diskurs. Wenn ich dann aber stattdessen persönlich angegangen werde, also am Thema vorbei, hat mich das früher mal geärgert. Heute zucke ich mit den Schultern, denke »arme Jacke« und kümmere mich um etwas anderes. Kommentare werden übrigens auf PhantaNews moderiert. Ich behalte mir vor, Trollkommentare nicht freizuschalten. Da ruft dann natürlich der Troll gern mal lautstark (anderswo im Web) »Zensur!!!einself!1!«. Das nennt man aber tatsächlich »Moderation«. Wenn man in seinem Wohnzimmer angepöbelt wird, schmeißt man den Pöbler ja auch raus.
Du bist nicht nur mit den PhantaNews unterwegs, sondern auch mit den »Steampunk Chroniken«. Worum dreht es sich bei diesem Projekt?
Wie sind die Chroniken entstanden?
Ich fasse die beiden Fragen mal zusammen. Die Steampunk-Chroniken haben mehrere Grundideen. Zum einen stehe ich einfach auf Steampunk, und das, seit ich Ende der 80er SPACE: 1889 und danach CASTLE FALKENSTEIN gespielt habe. Dann kam irgendwann Unzufriedenheit mit den klassischen Verlagen hinzu, bei denen irgendwelche Torwächter nach Gutsherrenart Manuskripte ablehnen (bis heute – Beispiele für grandiose Klogriffe der Profis sind zum Beispiel HARRY POTTER oder THE MARTIAN). Ich war der Ansicht, das müsse man ändern können, ähnlich wie beim Internet, in dem auch jeder publizieren kann. Dass es angesichts des absehbaren Endes des Geschäftsmodells »künstliche Verknappung« neue Wege geben müsse, wie Künstler ihre Werke an die Rezipienten, Leser, Fans bringen können. Und weil ich persönlich Storysammlungen liebe, die aber von einschlägigen großen deutschen Verlagen nicht publiziert werden, weil sie sich angeblich nicht verkaufen (bei Kleinverlagenm die ich sehr schätze, sieht das glücklicherweise anders aus, aber reich wird niemand damit). Da habe ich mir dann einfach mal gedacht: Mach. Und habe gemacht.
Man kann die Ausgaben der Chroniken, die unter einer Creative Commons-Lizenz stehen, kostenlos auf der Webseite steampunk-chroniken.de herunterladen und etwas spenden, wenn sie einem gefallen. Es gibt aber auch Kindle- und Printausgaben über Amazon. Die kosten natürlich was, aber das Geld geht direkt wieder ins Projekt.
Das mit den Spenden hat bei den ersten beiden Ausgaben noch ganz gut funktioniert, aber inzwischen ist der Markt so dermaßen mit Selfpublishing-Material überflutet (was ich nicht grundsätzlich negativ bewerte), dass die Chroniken eben nur noch ein Angebot unter vielen sind. Da geht die eigentliche Idee, neue Absatzwege zu suchen und aufzuzeigen, etwas unter. Aber so sei es. Irgend jemand muss ja mal mit alternativen Vertriebswegen anfangen, und ich denke, man braucht da einen langen Atem, da es natürlich eine Menge Protagonisten in den Medienbranchen gibt, die den Status Quo auf Teufel komm raus erhalten wollen und sich mit Händen und Füßen gegen neue Konzepte wehren, insbesondere solche, die die Urheber stärken, oder Verwerter vielleicht sogar überflüssig machen.
Bei der Frage, ob ich damit Geld verdiene, muss ich ganz klar sagen: Im Gegenteil. Aber darum geht es auch nicht in erster Linie.
Ich möchte mich übrigens an dieser Stelle mal ausdrücklich bei den Autoren bedanken, die mir zum einen vertraut haben (ich hatte ja vorher noch nie was verlegt), und die zum anderen bereit waren, mir ihre Geschichten kostenlos für die Steampunk-Chroniken zur Verfügung zu stellen. Ganz großes Kino, ich hoffe, das hat dem oder der ein oder anderen geholfen, bekannter zu werden, denn auch das war einer der Pläne bei den Steampunk-Chroniken. Aber wenn ich mich heute so umsehe, dann entdecke ich Bücher von Autoren, die die erste oder eine der ersten Veröffentlichungen in den Chroniken hatten und das freut mich dann doch sehr.
Wird es da bald Nachschub geben?
Absolut. Beim Sonderband »Ætherwelt«, mit Geschichten aus dem gleichnamigen literarischen Universum von Anja Bagus, haben die Wehen eingesetzt. Es kann also nicht mehr lange dauern, bis der Band erscheint. Wobei die Geburt bei Büchern bekanntermaßen immer ein wenig länger dauern kann. Das hängt auch immer wieder mit dem Brotjob zusammen, der einem oft viel weniger Zeit lässt, als man gerne möchte, insbesondere wenn man als Freiberufler der Selbstversklavung frönt.
Was danach kommt müssen wir mal sehen. Der Aufwand beim Lektorat ist doch ganz schön groß. Das macht zwar meistens auch eine Menge Spaß, kostet aber auch Stunden um Stunden. Und die Chroniken vor »Ætherwelt« habe ich ja komplett alleine gemacht, also Stories lesen und aussuchen, Korrektorat, Lektorat, Redigieren, Satz, eBook-Konvertierung, Cover, Webseite. Das ist jedesmal ein ziemlicher Klotz, den man ganz alleine vor sich hat, wenn die Geschichten gesichtet sind.
Da wir durch die »Steampunk Chroniken« auch das Thema SelfPublishing streifen. Wie stehst Du dazu? Ist es ein Weg den man als Autor gehen kann und wo siehst Du die Vor- und Nachteile?
Oha. Darüber könnte man jetzt in epischer Breite schwadronieren, denn das ist ein äußerst umfangreiches Thema. Ich versuche das mal zu verkürzen.
Beim Selfpublishing ist man in der Lage sehr schnell und ohne irgendwelche Verlagstorwächter Bücher zu veröffentlichen. Das ist ein Vorteil. Der Nachteil ist, dass man in gewissem Sinne eine Rampensau sein muss, denn man schreibt nicht nur, man kümmert sich auch im Marketing, indem man mit den Lesern in Kontakt tritt. Das kann nicht jede/r. Autoren die einfach nur schreiben wollen, sind bei einem Verlag vermutlich besser aufgehoben.
Ein Nachteil ist ganz sicher der unfassbare Output, der gute Bücher unsichtbar macht. Es gibt wirklich viele Selfpublisher die sehr lesenswerte Bücher verfassen, in gewissen Sparten problemlos auf Verlagsniveau oder sogar darüber. Dummerweise kann aber eben jeder Analphabet und sein Hund veröffentlichen. Dabei kommen eben auch Veröffentlichungen heraus, die gehen gar nicht. Das macht an und für sich gar nichts, denn Vielfalt ist immer gut. Ist ja wie im Internet, da schreibt auch potentiell jeder was er will, und es gibt Myriaden von Blogs. Nur sind da die Inhalte durch Suchmaschinen und deren über viele Jahre ausgefeilte Algorithmen im Zweifelsfall einfacher aufzufinden und sollen nicht zwingend immer Einnahmen generieren. Wenn man Bücher verkaufen möchte, ist es schon ziemlich frustrierend, wenn man kein Land sieht, weil man in einer gigantischen Masse von Mitbewerbern schwimmt.
Trotzdem würde ich jedem, der etwas geschrieben hat unbedingt empfehlen, es mal mit Selfpublishing zu versuchen. Das mag sich jetzt komisch anhören, weil ich oben über die Analphabeten mit ihren Hunden geschrieben hatte, und das ja durch noch mehr Veröffentlichungen nicht besser wird. Aber trotz aller Bedenken finde ich es einfach ganz grandios, dass wir in einer Zeit leben, in der jeder Künstler in die Lage vesetzt wird, seine Zielgruppe direkt und ohne Torwächter oder Verwerter zu erreichen. Und ich bin auch sicher dass die guten unter den Selfpublishern (»gut ist so ein schwammiger Begriff, aber er passt prima, denn »gut« liegt immer im Auge des Betrachters. Ich mache zwar gern mal Witze über Glitzervampire oder 50 Shades of Peitsche, aber solange es seine Leser findet, hat es seine Berechtigung. Das gilt bei Bestsellern wie den eben genannten ebenso wie für unbekanntere Bücher).
Also: einfach mal machen. Wer was veröffentlichen möchte, soll das tun, über Amazon hat man keine Vorkosten (aus technischer Sicht – in Sachen Coverdesign oder Lektorat vielleicht schon. Aber auch da sollte man sich nicht irre machen lassen).
Wohin steuert das SelfPublishing aus Deiner Sicht?
Schwer zu sagen, es ist ja in der aktuellen Form noch ein sehr neues Gebiet (ich sage deswegen »aktuelle Form«, weil es Selfpublishing an sich schon seit Jahrhunderten gibt, hatte nur nicht diesen neudeutschen Namen. Goethe und Schiller haben auch selbstverlegt, weil kein Verlag ihren »neumodischen Scheiß« drucken wollte, benso Honoré de Balzac, Egar Allen Poe, Friedrich Nietzsche und andere heute namhafte Autoren. Das sollten sich die selbsternannten Kulturelitisten, die pauschal gegen Selfpublisher wettern, mal auf der Zunge zergehen lassen, …).
Ich denke, dass es zu einer gewissen Professionalisierung kommen wird. Und damit meine ich insbesondere, dass es Dienstleister geben wird, die den Selfpublishern ehrliche Angebote machen, statt der Abzockereien, die man heutzutage von Verlagsablegern sieht, die auf der einen Seite gegen Selfpublisher und deren angeblich schlechte Qualität wettern, und sich trotzdem nicht zu schade sind, ihnen dann hintenrum mit Druck und anderen Dienstleistungen zu Wucherpreisen das ohnehin wenige Geld aus der Tasche zu zocken.
Ich denke zudem, dass der Markt in dem Moment heftig in Bewegung kommen wird, in dem Amazon sich entschließt, die Autorentantiemen deutlich zu verringern. Denn dann werden Alternativen interessanter. Und da Amazon in dem Bereich mit weitem Abstand Marktführer ist, werden die das meiner Ansicht nach aus Gewinnoptimierungsgründen irgendwann sicher tun, weil de facto keine echte Alternative gibt.
Selfpublishing wird ganz sicher auch in den kommenden Jahren noch ein sehr spannendes Thema bleiben, das sogar eher noch an Fahrt gewinnt. Ganz spannend, wird es, wenn endlich die Buchhändler aus der Trotzphase oder dem Tiefschlaf aufwachen, sich der traditionellen okkulten Buchhandels-Riten entledigen und bereit sind, SP-Bücher zu angemessenen Konditionen zu verkaufen (die natürlich ganz andere sein müssen, als beim Großverlag mit Millionenbudget und zig-tausender Druckauflage). Denn eins ist klar: Wenn sie sich dem verweigern (und das tun nicht nur nach meinen Erfahrungen derzeit noch die meisten), dann macht eben Amazon den Umsatz. Und das verstehe ich eben nicht: Selbst wenn man mit einem SP-Buch weniger verdient als mit dem Großverlagsbuch: Es müsste den Händlern doch daran gelegen sein, die Kunden wieder von Amazon weg und zu sich zurück zu holen. Diesen Willen kann ich allerdings nicht mal ansatzweise erkennen. Das wird aber vermutlich für die Branche noch ein scherzhafter Prozess werden, bis sie aufwachen, sich vom warmen Kissen der Buchpreisbindung erheben, die Augen reiben und merken, dass sie endlich wa tun müssen – oder untergehen.
Kommen wir nochmals auf die PhantaNews zurück. Ein Thema, welches dort auch immer wieder Berücksichtigung findet, sind Buchpreise. Wie stehst Du zu diesen und was sollte sich Deiner Meinung nach ändern oder überdacht werden?
Bücher und eBooks aus klassischen, großen Verlagen sind zu teuer. Die Verantwortlichen bei den Verlagen werden jetzt sicher die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und zeter und mordio schreien. Aber wenn man mal die Buchpreise in anderen westlichen Ländern vergleicht, dann stellt man schnell fest, dass Bücher bei uns teurer sind. Oder länger teuer (bei einem Paperback für zehn Dollar fällt der Preis in den USA nach einem oder zwei Jahren auf fünf oder sechs Dollar, weil das Massenzeugs dann eh durchgeblasen ist und sein Geld eingespielt hat. Bei uns ändern sich solche Preise seltenst).
Diese Überteuerung finde ich unerträglich, denn Bücher sind ein Kulturgut, möglicherweise nicht mehr »das« Kulturgut, wie über viele, viele Jahre, aber immer noch ein sehr wichtiges. Verlage wollen Geld verdienen. Das kann ich verstehen, das müssen sie ja sogar, um im Geschäft zu bleiben und nicht in den Bankrott zu rutschen. Aber Verlage haben auch eine Verantwortung gegenüber dem Kulturgut Buch, das in meinen Augen insbesondere bei den großen davon inzwischen vollkommen dem schnellen Generieren von Kohle untergeordnet wurde, egal wieviel sie auch über Kultur schwafeln mögen. Es geht hauptsächlich um Einnahmen.
Damit schließt man allerdings einen nicht mal mehr geringen Teil der Bevölkerung schlichtweg aus, weil die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft – sogar den geschönten Armutsberichten der Bundesregierung kann man noch entnehmen, wie übel die Lage hier in Deutschland inzwischen bereits ist. Als Hartz IV-Empfänger, Alleinerziehender mit prekärem Job oder Vollzeitarbeitnehmer, der aufgrund beschissener Bezahlung aufstocken muss, überlegst du dir zweimal, ob du ein Buch kaufst oder was zu beißen. Da werden eine Menge Menschen durch die Preise einfach mal vom Kulturgut Buch abgekoppelt.
Eine Lösung wären eBooks, bei denen Druck, Lagerung, Logistik einfach mal wegfallen und die man deswegen günstiger anbieten kann. Auch wenn immer behauptet wird, man habe denselben Aufwand wie bei einem Printbuch. Das ist natürlich Unsinn, denn moderne Produktionsverfahren konvertieren dir aus denselben Daten, die auch die Basis der Printausgabe darstellen »mal eben« ein eBook (ja, das ist vereinfacht, aber nicht sehr). Die Werbung wird ohnehin bereits für die Printausgabe gemacht. Mir haben Insider unter der Hand bestätigt, dass die Kosten im Vergleich zum Print tatsächlich maßgeblich geringer sind, Klaus Frick von Perry Rhodan hat das sogar mal ganz öffentlich gesagt. Und trotzdem erfinden die Hochpreisfans immer neue Ausreden, um eBooks völlig überteuert zu verkaufen. Beispielsweise orientiert am Hardcoverpreis. Und dann lamentieren sie auch noch, dass das Zeug für die Mondpreise keiner kaufen will … Und der Grund ist letztlich, dass der Großverlag gern noch größer werden möchte und irgendwo weit oben hohe Herren das Geld in die eigene Tasche schaufeln. Zusätzlich haben die großen Verlage Verwaltungs- und Personalwasserköpfe, für die manche Behörde sie beneiden würde.
Bei Kleinverlagen sieht das übrigens deutlich anders aus, die agieren oft am Limit, weil sie eben die Preise im Printbereich irgendwie mithalten müssen und weil viele davon zudem den Autoren auch noch faire Konditionen machen.
Also Leute: Kauft mehr Kleinverlags- und Selfpublisherbücher!
Und somit sind wir dann über das Abstimmverhalten und die Aktivierung von Fans schon bei der Phantastik-Szene. Wie siehst Du diese, bewegt sich da was oder brodelt man im eigenen Saft?
Ich denke nicht, dass es »die Phantastik-Szene« im Sinne des eingeschworenen Fandoms der (beispielsweise) 60er bis 90er Jahre noch gibt. Die Szene ist einfach sehr viel heterogener als früher. SF und Fantasy sind längst im Mainstream angekommen, die erste STAR WARS-Generation (also meine) ist inzwischen 50 Jahre alt oder älter, mit STAR TREK oder PERRY RHODAN sieht’s ähnlich aus. Computerspiele spielt inzwischen auch jeder. Hollywood haut beinahe in jeder Woche einen neuen Blockbuster oder eine neue Fernsehserie aus dem Bereich Phantastik raus und die sind nicht nur bei Nischengruppen sondern allgemein rasend erfolgreich. Früher war Phantastik ein Thema von Nerds im Keller, die sich gegenseitig auf Spiritusumdruck produzierte Fanzines per Post geschickt haben, und die sich hin und wieder auf Cons trafen, um sich wie bei Geheimgesellschaften über das Thema auszutauschen, über das mit ihnen sonst keiner sprechen wollte. Das ist heute anders, die Klientel ist erheblich vielfältiger, die Gruppe deutlich größer. Damit haben natürlich die alten SciFi-Logenbrüder ein Problem, denn das nimmt ihnen Deutungshoheit, die sie früher in der hermetischen Gruppe hatten. Heute winken aber außerhalb der Clique eben die meisten einfach nur noch ab, wenn mal wieder einer behauptet, dies und jenes sei gar keine Science Fiction. Ist ja letztlich auch egal.
Also: Es gibt die Gruppe der alten Haudegen, die sich in »die gute alte Zeit« zurücksehnen, und es gibt einen Haufen weiterer Interessengruppen, die ebenfalls alle zum Dunstkreis der Phantastik-Anhänger gehören – und von denen viele das Hobby eben einfach mal nicht so ernst sehen. Oder die ganz andere Prioritäten setzen. Und wenn die aufeinandertreffen, dann kommt es manchmal zu … Entladungen. 🙂 Eigentlich müsste ich allein schon aufgrund meines Alter zu der »alte Säcke«-Fraktion gehören, tue ich aber eben nicht, weil ich Neues ganz großartig finde, und mir alles erstmal ansehe, bevor ich entscheide, ob es gut oder schlecht ist. Im Gegensatz zu den beinahe berufsmäßigen Trollen, die bei Ankündigung eines neuen Film- oder Serienprojekts sofort wissen, dass das alles selbstverständlich nur scheiße werden kann. Was für bedauernswerte Menschen.
Was ich aber eigentlich herausstellen möchte: »Das Fandom« in der klassischen Form gibt es eigentlich gar nicht mehr. Es gibt eine Menge von Personen, die Interessen an verschiedenen Aspekten der Phantastik haben, die bilden Blasen, und die haben gewisse Schnittmengen. Da gibt es welche, die versteifen sich bei Preisen-deren-Namen-ich-nicht-nennen-möchte ganz konservativ auf Bücher, weil: »Das haben wir schon immer so gemacht!« und werden wild, wenn man darauf hinweist, dass es inzwischen so etwas wie neue Medien, Computerspiele, Rollenspiele, LARPS oder beispielsweise Selfpublisher gibt, die ebenfalls grandiose Publikationen oder Werke aus dem Bereich Phantastik hervorbringen, und die man auch mal beachten könnte. Weil: »Das haben wir noch nie so gemacht!«. Sehen nur ihren Claim, aber nicht das Große, Ganze (und damit meine ich sowohl Personen in den Subfandoms, wie auch die Bandbreite an Werken in verschiedensten Medien, die alle zur Phantastik gehören, über Bücher hinaus).
Da kann ich mir halt oft nur an den Kopf fassen, weil ich eben den Blick immer nach vorne richte, auf Neues, Interessantes, Abgefahrenes, das einen fit im Kopp hält, statt zurück in die »gute alte Zeit«, die tatsächlich allzu oft keine war. Und manchmal formuliere ich das dann auch auf PhantaNews, damit mir der eben genannte Kopp nicht platzt. 🙂
Ein Thema welches, ich ja hier behandle, ist »Pen & Paper Rollenspiel«, dazu findet man bei den PhantaNews so gar nichts mehr. Woran liegt das?
Das war schon immer nur ein Nebenthema auf PhantaNews. Ich habe zwar auch in den 1980ern mit P&P-Rollenspiel angefangen und es steht eine Menge Zeug hier im Schrank, aber irgendwann ist es um das Hobby dann ruhiger geworden. Es ist leider auch einfach viel weniger Zeit fürs Spielen, dazu kommt, dass die potentiellen Gruppen weit auseinanderwohnen; wir waren irgendwann an den Punkt gelangt, dass wir nur noch mit Freunden spielen wollten, bei denen der Spielstil zusammenpasst – und das war bei uns eben schwer Storytelling-lastig, wenn man da auf einmal einen Munchkin oder Regelfanatiker dazwischen hat, oder in eine Gruppe mit einem völlig anderen, inkompatiblen Spielstil gerät, macht das einfach keinen Spaß. Ich denke aber schon lange darüber nach, mal eine Runde via Hangout oder über eins der diversen virtuellen Tabletop-Programme anzubieten (allein die Möglichkeit Soundeffekte oder kurze Videoclips einzuspielen finde ich grandios).
Wobei ich ehrlich sagen muss, dass ich beim Tischrollenspiel auch unbedingt die Aktionen und die Mimik der Mitspieler benötige.
Ich kaufe mir immer wieder mal aus Interesse noch ein neues System oder Quellenbuch, aber für mich ist der Aufwand, den eine adäquate Besprechung bedeuten würde, einfach oft zu hoch. Man muss bei einer kompetenten Rollenspiel- oder Quellenbuch-Rezension ja einfach auf viel mehr Aspekte eingehen, als bei einem Film oder einem Roman. Und wenn es um Regeln geht, muss man die mal ausprobiert haben, bevor man wirklich qualifizierte Aussagen zur Qualität oder Spielbarkeit treffen kann (erschwerend kommt bei mir hinzu, dass ich Rollenspieler bin und kein Regelspieler. Wenn sich andere stundenlang über Trefferschancen oder Stochastik unterhalten, oder ihre Charaktere und Ausrüstung optimieren, langweile ich mich zu Tode. Ich möchte einfach grob meine Chance wissen und dann zur Not irgendwas nicht zu Kompliziertes darauf würfeln, fertig. Mein Lieblingssystem ist die dritte Auflage GURPS, die kann man sich so einfach oder kompliziert machen, wie man und die Gruppe möchte). Das Besprechen solcher Regelnsysteme ist dadurch eine Menge mehr Aufwand als bei anderen Medien, und Aufwand bedeutet eben Zeit. Über Zeit – oder den Mangel an derselben – habe ich weiter oben schon gesprochen …
Außerdem muss ich auf PhantaNews wirklich nicht unbedingt jedes Thema erschöpfend abdecken, denn es gibt ja gerade in diesem Bereich mehr als reichlich Webseiten, die sich intensiv und kompetent mit Pen & Paper und verwandten Gebieten befassen. Ich werde aber nicht ausschließen, dass ich das Thema Rollenspiel nicht hin und wieder streife, wenn ich etwas Bemerkenswertes entdecke.
Wenn ich Dich derzeit nach einem Konsumtipp aus dem Bereich Phantastik fragen würde, was würdest Du mir empfehlen (egal ob Buch, Film oder Spiel)?
STRANGER THINGS – Mysteryserie bei Netflix, die den Geist von Spielberg- (und anderen) Filmen aus den 1980ern einfängt, grandios mit klassischen Versatzstücken des Genres spielt, aber dennoch eine ganz moderne Erzählstruktur und Cinematografie hat und trotz vieler Verneigungen in Richtung von Klassikern eine hohe Eigenständigkeit beweist. Das war mein absolutes Serienhighlight in 2016.
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir.
Ich habe mich zu bedanken! Und an die Leser: Bleibt neugierig, probiert jeden Tag etwas Neues aus, schaut über Tellerränder, und: Manchmal muss man einfach mal machen, auch wenn einem alle sagen »das wird nie was!«.
War das hinreichend bedeutungsschwanger für ein Schlusswort? 🙂