[Interview] Im Gespräch mit Daniel Malheur (Mephistopolis)

Vor knapp zwei Wochen habe ich mein Crowdfunding-Pledge von „The Heaven and Hell Orchestra“ aus dem Briefkasten gefischt und mir direkt in die Gehörgänge gejagd. Da der Silberling zu gefallen wusste war klar das ich Daniel mal ein paar Fragen rund um dieses Projekt stellen wollte. Hier nun das Ergebnis. Viel Lesespaß!

 

Hallo Daniel,
Danke das Du Dir die Zeit für dieses Interview nehmen konntest. Würdest Du Dich zuerst einmal vorstellen?
Hallo André,
zunächst einmal vielen Dank für Dein Interesse und Deine Interview-Anfrage.

Gestatten: Malheur, Daniel Malheur – MonokelPopper aus Berlin. Ich bin 20er Jahre Chansonnier, Entertainer und Conférencier. Seit 1995 bin ich in Sachen 20er Jahre unterwegs und habe mich vom  „klassischen“ Salontenor mit der Zeit mehr und mehr zum MonokelPopper – fernab des „20er Jahre Mainstreams“ entwickelt. Meine Spezialität sind in Vergessenheit geratene Schlager aus den 20ern, soll heißen, der berühmte „Kaktus“ gehört nicht zu meinem Repertoire. Dafür eher Titel wie DIE SUSI BLÄSST DAS SAXOPHON oder ICH BIN VERRÜCKT NACH HILDE. Ich gastiere in Theatern, auf Partys und Kleinkunstbühnen, wie auch Genre übergreifend auf Alternativ-Rock-, Techno- oder Gothic-Festivals.

Vor einiger Zeit habe ich am „Heaven and Hell Orchestra“ Crowdfunding teilgenommen. Worum handelt es sich dabei?
Ich bin als Entertainer auch immer Geschichtenerzähler. Bei MEPHISTOPOLIS (Name der CD des Orchestra) handelt es sich um die Geschichte des britischen Jazz-Komponisten CHARLES THEODOR GOODHILL, der Ende der 20er Jahre in Berlin gelebt hat. …und auch dieser ist nach seinem gewaltsamen und bis heute nie ganz aufgeklärten Tod in Vergessenheit geraten 😉 However, ihm wurde nachgesagt, er sei das Oberhaupt eines sektenartigen Geheimkultes gewesen, von denen es in jener Zeit in Berlin unzählige gegeben hat. Diese Figur habe ich mit den „teuflischen Schlagern“ berühmter Hardrockbands gekoppelt. Ich habe die Wiege des Heavy Metal also kurzerhand in das Berlin der ausgehenden Weimarer Republik versetzt. Ein monokelPopulöser Taschenspielertrick, den mir die „Helden meiner Jugend“ hoffentlich verzeihen mögen…

Das Projekt ist soweit durch, sprich die Unterstützer sollten mittlerweile alle Ihre CDs haben. Wie ist das Feedback?
Das Feedback ist durch die Bank super! Die Leute sind sehr angetan bis begeistert, speziell diejenigen, die die Originale kennen. Ich glaube, für viele ist eine Art „Erkennen Sie die Melodie“-Spiel. Auch die Gestaltung und die Goodhill-Biographie brachte schon viele Lacher…

Was wäre passiert, wäre die Startnext-Finanzierung gescheitert?
Ich muss gestehen, es gab keinen Plan B. Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Wir sind ins Studio gegangen als das Crowdfunding gestartet ist. Ich habe sehr auf meine wirklich großartige und treue Fan-Base gesetzt. Und es hat geklappt, weitaus besser als je erträumt. An dieser Stelle auch noch einmal DANKE!!! An alle Unterstützer!

Wie bist Du auf die Idee für dieses Projekt gekommen?
Da ich sehr viel allein auf der Bühne gearbeitet habe, war es mir ein großes Verlangen, mit einer Band auf die Bühne zu gehen. „Klassische“ 20er Jahre Bands gibt es inzwischen aber genug. Und ich bin auch immer auf der Suche nach einer „eigenen Farbe“… – eben MonokelPop. Als ich einem befreundeten Pianisten – Dirk Bewig (DOORS OF PERCEPTION) – von der Idee erzählt habe, war er sehr angetan von der Idee, die Rocksongs in ein 20er Jahre Gewand zu stecken. Wir haben vier Stücke aufgenommen. Ich habe die Stücke dann in meine Programme eingebaut und siehe da, es hat funktioniert. Die Stücke kamen gut an. Wir haben weitere Stücke gesucht und Dirk hat sich dann daran gemacht, die Arrangements zu schreiben. Derweil haben wir Musiker gesucht und konnten mit der Geigerin Agata Gromek und dem Kontrabassisten der Staatsoper Berlin Kaspar Loyal, welcher sogar schon mit DEEP PURPLE in Verona gespielt hat, zwei exzellente Seiteninstrumentalisten für unsere Band begeistern. …und nicht zuletzt kam unser Freund Stoppel Eggert (SELIG, JAMES LAST, LUCIFER´S FRIEND) mit ins Boot. Wir gingen ins Studio und jetzt heißt es: Welcome to MEPHISTOPOLIS!

Alte Hard Rock und Heavy Metal Klassiker im 1920er Jahre Look. Da habe ich zuerst dumm geschaut und ehrlich, bei den ersten Hördurchgängen hat sich die alte Pommergabel ganz schön verbogen. Wieso gerade der Schritt der Neuinterpretation?
Heavy Metal und Operette haben bei genauer Betrachtung viel gemeinsam 😉 Große Gesten und viel Theater auf der Bühne – Das passt super (finde ich)! Außerdem habe ich auch auf den Festivals immer wieder gemerkt, dass die Metallheads durchaus Humor haben und nicht alles so bitterernst nehmen.

The Heaven And Hell Orchestra ist ein langgehegter Traum von mir. Ursprünglich habe ich als Sänger einer Garagen-Hardrock-Band angefangen. Über meine Gesangslehrerin bin ich zum Chanson gekommen und dann habe ich die 20er Jahre für mich entdeckt. Mit dem Orchestra kann ich nun endlich 25 Jahre später auf meine monokelPopulöse Art die Songs auf die Bühne bringen, für die ich mich in meiner Jugend begeistert habe.

Man stößt beim Lauschen auf Klassiker „Breaking the Law“ (Judas Priest), „The Number of the Beast“ (Iron Maiden) oder „Enter Sandman“ (Metallica), uvm. Wie kam es zu dieser Auswahl?
Die Auswahl wurde natürlich einerseits durch die Klassiker bestimmt, da es uns wichtig war, das die Leute den Witz dahinter verstehen. Das geht nur, wenn man die Stücke auch erkennt. Natürlich mussten die Stücke aber auch wandelbar sein. Die Werke von Iron Maiden oder Led Zeppelin z.B. sind schwieriger in ein neues Gewand zu verpacken, da sie doch vergleichsweise deutlich komplexere Kompositionen sind als z.B. AC/DC Songs. Außerdem mussten Bands wie Black Sabbath oder Dio natürlich unbedingt dabei sein, wenn es um „das Böse“ im Allgemeinen und Lucifer im Speziellen geht. Zu guter Letzt wollte ich unbedingt eine Nummer von W.A.S.P. haben, weil die für mich absolut für hahnebüchene Metal-Operette stehen (das ist nicht bös gemeint).

Die Mukke passt gut zu Steampunkigen Lesestoff bzw. diversen Szenen in Pen & Paper Rollenspielen. Verbindet Dich etwas mit Steampunk oder RPGs? Bist Du Gamer?
Ich bin vor ein paar Jahren in die Steampunk-Szene reingerutscht, da ich mit meinen Auftritten mit Grammophon akkustisch und inhaltlich nah an der Viktorianischen Zeit dran bin. Ich bin auf vielen Steampunk-Festivals in Deutschland, Holland, Luxemburg und England aufgetreten und habe viele Fans und Freunde in der Szene gefunden. Das tolle am Steampunk ist, dass es viel mit Phantasie zu tun hat und die Grenzen „Was ist Steampunk“ sehr weit gesteckt sind. Das finde ich sehr angenehm. Ich selbst würde mich aber nicht als Steampunk bezeichnen, sondern als monokelPopulöser Gast bei den Steampunks.

Mit Rollenspiel kenne ich mich ehrlich gesagt nicht wirklich aus, aber spiele meine Rolle immer so gut als möglich…

LIVE ist das ein oder andere auch schon mal zum besten gegeben worden. Wie fühlt es sich an, die Konsumentenreaktionen ungefiltert zu erleben?
Das ist ganz großartig. Manchmal tut sich das „klassische“ Malheur Publikum etwas schwer. Manche sind etwas verwirrt, weil es eben kein lustiger 20er Jahre Schlager ist. Wenn ich dann die okkulten Geschichten von Charles T. Goodhill erzähle, sind einige etwas konsterniert, aber da müssen die dann durch 😉 Es gibt ja auch noch meine klassischen Programme. Aber zum tanzen bringt man auch ein 20er Jahre Publikum auf jeden Fall. Einmal haben z.B. zwei Paare auf der BOHÈME SAUVAGE Tango argentino zu THE GAMBLER aka ACE OF SPADES getanzt. Das war einmalig.

Wenn es aber eher ein Rockpublikum ist und die Leute die Stücke erkennen, springt schnell der Funke über und das Publikum feiert ab mit Headbangen, Pommesgabel, Mitsingen und allem pipapo. Besonders in England, wo die Leute nur die erste Textzeile hören müssen, ist es ein Riesenspaß!

Was war das schlimmste was Dir bis dato LIVE passiert ist und wie bist Du aus der Situation wieder raus gekommen?
…oh da ist in den vergangenen 20 Jahren so viel passiert, Hose geplatzt, aus der ersten Reihe beschimpft worden, Grammophon kaputt gegangen, Text vergessen… Ich tu einfach so, als gehöre es mit zur Show. Und wenn mir gar nichts einfällt geht immer der dumme Witz: Da ist mir aber ein Malheur passiert… Irgendwie kommt man immer raus, selbst mit blauem Auge.

Es gibt ja genügend Musik-Klassiker, von daher, nach dem Projekt, ist vor dem Projekt. Wie geht es weiter? Ist ein neues Projekt geplant?
Jetzt, wo die CD fertig ist, gilt es zunächst einmal darum Aufmerksamkeit für The Heaven And Hell Orchestra zu bekommen und die Band auf die Bühne zu kriegen. Das ist logistisch mit fünf Leuten nicht immer einfach zu organisieren und finanzieren. Aber ich bin frohen Mutes, das wir hier eine kleine Perle in Händen halten. Es gibt für alles ein Publikum und hierfür ganz bestimmt, aber es braucht seine Zeit. Im kommenden Jahr ist eine Konzertreise mit dem Orchestra nach Britannien geplant. Unser mittelfristiges Ziel ist Wacken. Die konnten wir bisher leider noch nicht überzeugen, aber wir bleiben am Ball 😉

Wird es zukünftig auch eigene Songs geben?
Ich schreibe hin und wieder eigene Texte, die ich dann zu alten Schlagern singe. …aber wer weiß, was die Zukunft bringt?!

Würdest Du wieder den Weg des Crowdfundings gehen? Ist manchmal bestimmt auch nicht einfach, wobei ich als Unterstützer mich jederzeit gut informiert gefühlt habe, kann ich mir vorstellen, was da teils so an Mails und Kommunikation stattfindet.
Unbedingt! Ich bin ein großer Fan vom Crowdfunding. Es ist natürlich mit Aufwand verbunden, aber wenn man sich ein bisschen Mühe gibt und eine gute Fan-Base hat, lohnt sich die Mühe allemal. Man hält so den direkten Kontakt zu seinen Leuten und am Ende freuen sich alle über ein gelungenes Projekt. …und ich selbst entdecke auch immer wieder coole Projekte, die ohne Crowdfunding vielleicht in der Schublade stecken bleiben würden.

Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir.
Ich danke Dir und allen Lesern. Wenn Ihr mögt, schaut einfach mal auf meine Seite „ monokelpop-entertainment.de “. Hier gibt es weitere Informationen, Tourdaten, Links zum Soundcloud- und Youtube-Kanal und den üblichen Netzwerken…

HeideWitzkaHochDieTassen! Euer Daniel Malheur

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