Vor ein paar Tagen stand mir Mario H. Steinmetz zu seinem aktuellen Roman Rede und Antwort. Was es dazu und darüber hinaus zu berichten gibt, lest selbst.
Hallo Mario,
vielen Dank das Du Dir die Zeit für dieses Interview freigeschaufelt hast. Würdest Du Dich bitte kurz vorstellen.
Ich habe zu danken und stehe dir gerne Rede und Antwort.
Wie stellt man sich selbst am besten vor? Am ehesten dadurch, in dem ich deine Fragen beantworte (lach). Es ist schwer, fünfzig Jahre bewegtes Leben abseits der Norm auf einen Nenner zu bringen. Am ehesten wohl mit den Worten schräg und durchgeknallt. Und ich Pflege meine eigene kleine Tradition, alles eben ein bisschen anders zu machen als die breite Masse.
Eine meiner Lieblingsfragen ist Was wäre, wenn. Was wäre, wenn es die Wesen unserer Ängste und Träume wirklich gibt oder andere Dimensionen neben unserer existieren.
In gewisser Weise bin ich durchaus ein Träumer.
Ich liebe mein Leben und finde auch an negativen Dingen etwas positives. Der Weg führt nach vorne, einem unbestimmten Ziel entgegen. Ich bin gespannt.
Ich hatte letztlich Dein aktuelle Werk „666 – Hell`s Abyss“ gelesen (Rezension findet man hier). Wie bist Du auf die Idee zu diesem Roman gekommen?
Das war ein längerer Prozess, in dem sich viele Eindrücke und Ideen zu einem Ganzen vereint haben. Lilith war schon immer ein Thema, welches mich sehr interessiert hat. Ich habe da eine ganz eigene Vorstellung, wie und was sie ist und welche Ziele sie verfolgt. Ich habe zig Konzepte erstellt und wieder verworfen, bis ich endlich zufrieden war.
Mit 666 habe ich aber auch vieles aus meiner Vergangenheit verarbeitet und Orte verwendet, die ich während meiner USA Reisen besucht habe. Da bleibt immer ziemlich viel hängen. Grundsätzlich behandelt die Romanreihe Hells Abyss viele Erlebnisse meiner Zeit in der Gothic und Indie Szene. Auch was die darin beschriebene Musik betrifft … und andere Dinge, die ich hier aber außen vor lassen möchte 😉
Hat es einen bestimmten Grund, warum Du die Story in den USA angesiedelt hast? War nach der „Totes Land“-Reihe Deutschland erstmal uninteressant?
Deutschland ist jetzt keineswegs uninteressant. Die Hells Abyss Trilogie wird auch nicht ausschließlich in den USA spielen, aber als Starter fand ich es absolut passend.
Vor einigen Jahren war ich einige Tage in New York. Diese Zeit war sehr prägnant für mich und so fand ich es passend für den ersten Band der Reihe.
New York ist ein unersättlicher Moloch, der niemals schläft. Ein Ort, an dem alles möglich erscheint, in dem sich alles vermischt, was Welt und Kultur zu bieten hat. Als ich in der Nacht durch die Straßen von Manhattan wanderte, der Dampf aus den Gullis stieg und es finstere Ecken gab, die etwas unerklärlich unheimliches ausstrahlten, war mir klar, das es keinen besseren Ort für 666 geben konnte. Setz dich dort mal nachts in die Subway und du weißt, was ich meine 😉
Wir treffen in dem Roman auf Lucy, welche auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken kann und zusätzlich die Frontfrau von Hell`y Abyss ist. Wie bist Du auf diesen Hintergrund gekommen und war es schwierig diese Persönlichkeit zu Papier zu bringen?
Auch hier habe ich tief in meine Erinnerungskiste gegriffen. Ich kenne durchaus Frauen, die Lucy ziemlich nahe kommen, sowohl im Verhalten als auch im Aussehen. Natürlich habe sie meines Wissens niemanden umgebracht, aber dennoch …
Mit Lucy wollte ich eine Antiheldin erschaffen, die versucht, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und kläglich daran scheitert. Lucy ist auf der Flucht vor sich selbst, hasst sich vielleicht sogar. Sie durfte nie erfahren, was aufrichtige Liebe bedeutet. Im Grunde ist sie eine tragische Figur, missbraucht und ausgenutzt. In den Büchern geht sie einen harten Weg, um sich selbst zu finden.
Die Erschaffung von Lucy war eine Gratwanderung zwischen Hoffnungslosigkeit und Wahnsinn. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich Lucy als trotzigen missverstandenen Rockstar vor mir, die verloren einem Weg folgt, dessen Ende sie nicht kennt. Sie lebt im hier und jetzt und ihr ist vollkommen egal, was morgen ist oder ob sie lebt oder stirbt. Sie hat sich selbst längst aufgegeben.
Aber keine Angst, ich selbst hatte eine schöne und problemlose Kindheit (lach)
„666 Hell`s Abyss“ hält auch einiges an Klischees für den Leser bereit, wie etwas Cop Andrews, welcher dann auch direkt der Verdächtigen verfällt. Wieso diese Klischees?
Ich liebe Klischees. Und ich liebe es, Klischees zu überzeichnen. Natürlich sind sehr wenig Gothics Satanisten oder in der SM Szene unterwegs, aber dennoch ist es nicht ausgeschlossen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung.
Mit Andrew bringe ich bewusst den klassischen New Yorker Cop ins Spiel, der unzufrieden seinem Tagwerk folgt und natürlich an Lucy gerät. Er sehnt sich nach einer Beziehung abseits der Norm und da kommt ihm Lucy gerade recht. Ich mag diese klassischen Varianten sehr, vor allem, wenn es keine heiteren Blauer-Himmel Romanzen sind sondern tragische Geschichten, die natürlich auch tragisch enden. Und der erste Band von Hells Abyss ist eine sehr tragische Geschichte.
Eine Story wie 666 lebt nun mal von Klischees. Stell dir Lucy als heiteres Mädchen vor, das sich in schwarze Klamotten wirft und Gothic spielt, aber ansonsten artig mit den Eltern beim Frühstück sitzt und über das Wetter redet. Das geht gar nicht.
Wie viel Recherchearbeit, z.B. über Okkultismus, Rituale, Mordfälle, etc. steckt in diesem Werk?
Extrem viel. Ich habe mich mit Leuten getroffen, die in der okkulten Szene drin sind, habe Bücher darüber gelesen. Die Mordfälle habe ich mit Polizisten besprochen, die zwar nach deutschen Regeln arbeiten, aber dennoch so einiges dazu beitragen konnten. Den amerikanischen Part habe ich von Freunden in den USA gegenprüfen lassen und mir dort aus erster Hand verlässliche Infos besorgt.
Die Recherche um Lilith war sehr aufwändig, da es wenig Informationen über sie gibt. In der Bibel wird sie nur ein einziges Mal erwähnt. Da hat mir der Talmut weitergeholfen. Übrigens spricht sie am Anfang nur Altsumerisch und eignet sich nach und nach das Wissen und die Sprachen ihrer Opfer an, ich hoffe, das war nicht zu verwirrend.
Die Rituale habe ich mir ausgedacht, da ich es lieber vermeide, echte Rituale zu verwenden. Man weiß ja schließlich nie, ob sie funktionieren 😉
Im Buch ist zu erfahren, das Du früher „der schwarzen Szene“ angehört hast. War es da ein logischer Schritt dieses Werk rund um diese Szene zu schreiben?
Für mich war das absolut logisch, denn es ist die einzige Szene, in die Lucy passt. Zudem schreibe ich gerne über Dinge, die ich selbst kenne. Gleichzeitig war es ein Tribut von mir an eine wunderbare Zeit, die mich geprägt hat wie keine andere. Ich habe gelebt, als gäbe es kein Morgen.
Bei lesen ist mir aufgefallen, das Du Dich viele Szenen beschreibst die aus den unterschiedlichsten „Richtungen“ stammen. So z.B. der erste Mordfall, der in seinen Einzelheiten präsentiert wird, oder aber der Rückblick auf den Liebesakt vor dem zweiten Mordfall. War es schwierig dieses konstant und für Dich zufriedenstellend zu beschreiben?
Zufrieden bin ich nie. Solche Einzelheiten entstehen oft erst während der verschiedenen Überarbeitungsphasen. Ich spiele gerne mit den Erinnerungen der Protagonisten, weil es einfach realistischer ist.
Die Problematik bestand darin, sich nicht in den Erinnerungen zu verstricken und sie in einen Zusammenhang zu bringen, der Glaubwürdig bleibt. Charaktere leben schließlich erst durch ihre Erinnerungen, denn das ist es, was Leben ausmacht. Ob mir das gelungen ist, müssen die Leser entscheiden 😉
Ich würde Dich bitten zu folgender Behauptung was zu sagen. Du musst einen Werbedeal mit einem speziellen Whiskey Hersteller besitzen und ein großes Faible an US Oldtimer haben?
Ich liebe US Oldtimer. Die haben einfach Stil, heben sich von der Masse ab und sind zeitlos aktuell. Hätte ich die Möglichkeit, würde ich selbst einen fahren. Heute sehen alle Autos gleich aus, uniformiert. Die Oldtimer sind alle irgendwie Einzelstücke und spiegeln den Charakter ihrer Besitzer wieder.
Nen lukrativen Werbedeal habe ich leider nicht (lach). Allerdings gehört JD zur amerikanischen Szene wie die Harley zum Rocker. Und JD ist bei weitem nicht so schlecht wie sein Ruf. Ich hatte Gelegenheit, JD in Lynchberg zu besuchen und muss sagen, das die wirklich edle Tropfen herstellen, die nicht von der Stange sind. Ist vielleicht auch ein Klischee, aber he, so muss das sein.
Was können wir in nächster Zeit von Dir erwarten?
Aktuell arbeite ich am zweiten Band von Hells Abyss mit dem Namen Abaddon. Lucy ist erwachsener geworden. Es formieren sich die Fronten und geht ans Eingemachte. Liliths Weltuntergangsmaschine läuft auf Hochtouren dem Höhepunkt entgegen. Mehr wird allerdings nicht verraten.
Im April 2016 erscheint beim Papierverziererverlag mein neuestes Buch The Wild Hunt. Nennen wir es eine Story um tierischen Horror in den Sümpfen Louisianas. Eine sehr blutige Story …
Nach Abaddon werde ich mein neues Projekt Darkness starten, welches die Leser in eine düstere Zukunft führen wird. Hoffnungsloser kann Zukunft nicht sein …
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören Dir!
Vielen Dank für deine sehr interessanten Fragen! Es hat mir wirklich Spaß gemacht.
Wir leben in einer eiligen Welt, die sich viel zu schnell weiterentwickelt. Für mich war es schon immer wichtig, meine eigene Fantasy, meine Träume zu erhalten und zu pflegen. Ich schreibe und lese nicht nur Geschichten, ich gehe in ihnen auf. Je düsterer, desto besser!
Blicken wir hinter den Vorhang, brechen wir auf in neue Welten und finstere Dimensionen, kratzen wir an der Oberfläche und legen frei, was sich darunter verbirgt!
Geben wir diese kindliche Neugier an die nächsten Generationen weiter.
Habt alle einen schönen Tag und viel Spaß beim Lesen meiner schaurigen Geschichten!