[RSP Rezension] Fate Core System: Deutsche Ausgabe

As-Fate-Core-SystemAutoren: Leonard Balsera, Brian Engard, Mike Olson, Ryan Macklin u.a.
Verlag: Uhrwerk-Verlag
Übersetzung: Thorsten Göbel, Sascha Hahn, Daniel Mayer, Karsten Voigt, Sabine Völkel
Format: Hardcover
Seitenzahl: 312 Seiten
Erschienen: Mai 2015
ISBN: 978-3958670051
Preis: 29,95 Euro

von: Kris

Rollenspielsysteme können unzählig viele Regelwerke umfassen, die jeden Aspekt erfassen und in ein enges Korsett pressen wollen, aber auch nur mit einem Buch auskommen, das mit wenigen und dazu noch sehr offenen Tipps genau so viele Möglichkeiten eröffnet, um sich und seine Charaktere auszuleben, wenn nicht sogar noch mehr. „Fate Core System“ gehört tatsächlich zu letzteren. Nun endlich liegt auch die deutsche Ausgabe des schlanken oder sehr vielfältigen Regelwerks vor.

Klappentext:
Bei Fate stehen die Charaktere im Mittelpunkt Eine Hohepriesterin der barbarischen Horden, ein untoter Revolverheld aus dem Wilden Westen und ein Oberleutnant der intergalaktischen Sicherheitskräfte sind denkbar verschieden, aber sie haben eines gemeinsam: Ihre Geschichten brauchen eine treibende Kraft, die ihnen Dynamik und Stabilität verleiht.

Fate Core ist diese treibende Kraft. Fate Core ist die neueste Edition des preisgekrönten Fate-Rollenspielsystems von Evil Hat Productions. Die Regeln wurden bereinigt und fokussiert, ohne dabei die Flexibilität von Fate aufzugeben. Egal, was du spielen willst: Mit Fate geht es.

Inhalt: • Leicht verständliche Regeln zur Charaktererschaffung und Spielweltgestaltung • Praktische Tipps, wie Spieler und Spielleiter die bestmögliche Geschichte erzählen können • Klare und verständliche Regeln für alte und neue Spieler • Neue und verbesserte Methoden, um mit Aktionen, Aspekten, Fate-Punkten und mehr umzugehen Erzählt aufregende, dramatische, spannende Geschichten. Dafür ist Fate Core da.

Zum Inhalt:
Nicht die Welt mit all ihren Geheimnissen und Monstern steht in „Fate“ im Vordergrund, es sind eher die Charaktere, um die sich die Geschichte aufbauen soll – ihre Eigenschaften, Stärken wie Schwächen können manchmal inspirierender sein als die Rettung ganzer Planeten oder der Kampf gegen das unsagbar Böse.

Eine Figur kann nur dann kraftvoll und glaubwürdig sein, wenn sie einen interessanten Hintergrund hat, der sie und ihre Entscheidungen immer wieder in Frage stellt oder erschüttert. Schwächen machen es ihr vielleicht schwer im Umgang mit anderen zurecht zu kommen, können bei der Zusammenarbeit im Team aber auch zum Vorteil gereichen.

Das Buch nimmt sich die Zeit zu erklären, wie Rollenspiel auch sein kann – eine gemeinschaftliche Entwicklung, in der Spieler wie auch Meister gleichermaßen beteiligt sind. Nach der obligatorischen Einführung in das Thema geht es gleich zur Sache. Das Spielgeschehen in Fate ist ein wenig anders aufgebaut als in den gängigen Systemen, das merkt man schon an dem Charakteraufbau.

Nicht das Würfelglück bestimmt die Entwicklung, sondern der Spieler selbst. Indem er sich interessante Aspekte – also Schlagworte ausdenkt, die das Wesen der Figur definieren und deutlich machen warum sie wichtig ist, die dazu passenden Fertigkeiten und Stunts ausdenkt, gestaltet er seinen Helden und bettet diesen gleichzeitig ins Spiel und ins Team ein. Dabei ist nichts endgültig, die Autoren raten sogar dazu, Aspekte zu ändern oder auch erst später hinzuzufügen.

Die Aktionen sind sehr personenbezogen, verursachen Stress und Konsequenzen, aber nichts ist nur Zufall, oft auch Entscheidung des Spielers selbst. Alles in allem legt die Gruppe eine grundlegende Richtung für ihre Szenarien und Kampagnen fest, diese ist aber genau so wenig festgeschrieben wie alles andere, denn Veränderung und Wandel ist das A und O des Systems.
Auf eine Hintergrundwelt wird bewusst verzichtet, damit „Fate“ überall eingesetzt werden soll, in düsteren zukünftigen Welten, genau so wie in fröhlichen Fantasy-Szenarien, sogar in durch ein Franchise festgelegtes Hintergrundgeschehen.

Für wen ist das „Fate Core System“ unter diesen Voraussetzungen interessant? Sicherlich nicht für Anfänger, die noch fest an die Hand genommen werden müssen und eher froh darum sind, sich durch ein Labyrinth aus klar definierten Regeln bewegen zu können und dabei nicht selbst viel denken zu müssen.
Oder für die Fans, die von starren Systemen nicht genug bekommen können und immer mehr festlegen möchten, um das Würfelglück regieren zu lassen? Und nicht zuletzt dürften Gruppen Schwierigkeiten bekommen, die gewohnt sind, dass ihnen der Spielleiter alles bis auf das kleinste Detail kontrolliert, so dass es eigentlich kaum Freiraum gibt, anders zu handeln als von ihm vorgegeben.

Tatsächlich wendet sich das Regelbuch eher an die Gruppen, die alles etwas lockerer sehen, und tatsächlich als Team zusammenarbeiten können oder wollen. Auch sollten sie Freude am Erzählspiel haben und daher entsprechend phantasievoll sein, um ihre Charaktere entsprechend lebendig aufzubauen.

Ein wenig Erfahrung in der Gestaltung von Figuren ist sicherlich immer nützlich – vor allem die Einsicht, dass sich ein Held nicht nur durch seine Stärken und tollen Fähigkeiten oder Waffen definiert, sondern auch durch die Schwächen und Fehler, über die er immer wieder auf seine Grenzen gestoßen wird und an deren Überwindung er in den kommenden Geschichten gezielt arbeiten kann.

Denn der Hintergrund der Helden soll der entscheidende Antrieb sein, sich in das Abenteuer zu stürzen und Gefahren zu stellen, nicht aufzugeben und die Gegenspieler auszuschalten oder davon zu überzeugen, dass sie das Falsche tun.
Natürlich haben Aktionen auch Konsequenzen – und hier liegt die Chance der Spieler sich selbst sehr viel mehr einzubringen als üblich. Selbst in der Magie haben die Spieler alle Freiheiten, die sie brauchen.

Gelegentlich darf auch das Würfelglück Spannung ins Geschehen bringen, die wohl auch die einzige zusätzliche Ausgabe bedeuten – finden sich auf den Sechseitern keine Zahlen sonder „+“, „-“ und Leerflächen. Das macht die Proben einfach und klar verständlich, so dass man sich nicht lange damit aufhalten muss.

Die Vorteile liegen auf der Hand – Spielspaß wird groß geschrieben, ebenso wie die Zusammenarbeit der Gruppe, um gemeinsam ein Spiel miteinander zu führen, in das sich alle nach ihrem Vergnügen einbringen können. Sicherlich ist von Vorteil, wenn es den ein oder anderen Macher gibt, aber hier ist dann auch der Meister gefragt, der gerade die Aspekte der schwächeren Spieler auch einmal in das Abenteuer einbringen kann, um sie so aus ihrem Schneckenhaus hervor zu kitzeln.

Spielleiter werden dazu aufgefordert, die Kontrolle über Spielwelt und Abenteuer loszulassen, was aber auch den Vorteil haben kann, dass die Vorbereitung und Ausgestaltung der Welt nicht mehr nur alleine bei ihnen liegt, dass sie dabei auch in Ruhe auf die Ideen ihrer Spieler zurückgreifen können. Nichtsdestoweniger haben sie immer noch die meisten Fäden in der Hand.
Ganz unerfahren sollte man deshalb nicht im Führen einer Gruppe sein, denn gelegentlich gehört es schon dazu, die Leute zu bremsen, wenn sie die Runde zu sehr ausufern lassen wollen.

Mein Fazit:
„Fate Core System“ ist ein interessantes Konzept, dass man vor allem den Rollenspielern empfehlen kann, die einerseits schon ein wenig Erfahrung gesammelt haben, andererseits aber auch den Spaß am freien Erzählspiel nicht missen wollen. Wer eine gesunde Portion an Phantasie und guter Selbsteinschätzung mitbringt, wird die Chancen, die das System bietet, jedenfalls in vollem Maße nutzen können.

Meine Wertung:
4,5 von 5 Regeln

9 Kommentare zu „[RSP Rezension] Fate Core System: Deutsche Ausgabe“

  1. Bei einer Rezension zu einer Übersetzung hätte ich mir auch eine Beurteilung der Übersetzungsqualität, der sprachlichen Qualitäten des deutschen Textes, der Verständlichkeit, der Lesbarkeit erwartet.
    Rezensionen zu den englischen Ausgaben gibt es ja schon seit Jahren, so daß in puncto Mechaniken in dieser Rezension der deutschen Ausgabe keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.

    Somit schade, daß dieser wichtige, dieser den eigentlichen Unterschied zu den Rezensionen der englischen Originalausgabe ausmachende Punkt überhaupt nicht behandelt wurde.

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  2. Also ich finde die Rezi gut. Für mich sind Informationen zur Übersetzung nicht wichtig, da ich das Spiel spielen will und nicht die deutsche Übersetzung mit dem englischen Original vergleichen möchte. Ich denke für deutschsprachige Spieler ist da die Mechanik und das Regelsystem doch wichtiger als die Info ob die Texte wortwörtlich oder sinngemäß übersetzt wurden.

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    1. Es geht bei der Beurteilung der Übersetzungsqualität nicht darum einen Vergleich mit der englischen Fassung anzustellen, sondern zu prüfen, ob die deutschen Formulierungen nicht holperig sind, ob sie lesbar und am Spieltisch auch sprechbar sind, und ob die gewählte deutsche Begrifflichkeit sinnvoll ist.

      Das sind genau die sprachlichen Qualitätsaspekte, die entscheidend dafür sind, wenn man als deutschsprachiger Rollenspieler eine Übersetzung tatsächlich spielen will.

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      1. Wenn dann in der Rezension nichts zur Übersetzung steht gehe ich davon aus dass diese korrekt umgesetzt wurde. Wäre etwas zu beanstanden gewesen, so denke ich der Würfelheld bzw. Kris hätten in dem Fall entsprechend darauf hingewiesen.

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      2. Du magst davon ausgehen, daß alles, was nicht beurteilt wurde „schon in Ordnung“ ist. Das ist eine interessante persönliche Einstellung, die Dich in Deinem Vertrauen ehrt.

        Wenn ich zu einem bestimmten qualitativen Aspekt, der – wie die sprachliche Umsetzung in einer Übersetzung – eine wichtige Qualität eines Produkts darstellt, nichts lese, dann gehe ich davon aus, daß sich der Rezensent diesen Punkt nicht wirklich angeschaut hat. Denn wenn die Übersetzung gut, oder ganz in Ordnung, oder gar exzellent wäre, dann hätte sicher der Rezensent die Zeit für einen einzigen lapidaren Satz zum Thema Übersetzungsqualität gefunden.

        Hat er aber nicht.

        Alles andere ist reine „Glaubenssache“ und dazu fehlt es mir an Frömmigkeit.

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  3. Ohje! – Ich versuche mal den ersten Abschnitt deiner Antwort als „Kompliment“ aufzufassen, wenngleich wir beide wissen dass es nicht so gemeint ist. – Es hat nichts mit Naivität zu tun und ist auch keine „Glaubenssache!“

    Fakt ist, dass eine Rezension immer das persönliche Empfinden der schreibenden Person über ein Produkt zum Ausdruck bringt, wobei jede Person ihren eigenen Stil und auch ihre eigenen Schwerpunkte setzt. Dabei muss sich der Verfasser einer Rezension überlegen was alles an Informationen sinnvoll eingearbeitet wird.
    Du führst als Beispiel an, dass die Qualität der Übersetzung ein essentieller Bestandteil einer Rezension sein sollte. Deine Begründung dabei ist, dass dies aus Deiner Sicht entscheidend dafür ist ob Du dieses Produkt spielen willst oder nicht. OK, nur was ist mit den vielen Menschen die Beispielsweise auf Gerüche reagieren?! – Hier gibt es genug Beispiele dafür das Bücher, gerade wenn sie in Billiglohnländern gedruckt wurde, meist einen sehr starken und unangenehmen Geruch entwickeln, welcher gerade bei Allergikern ausschlaggebend für einen Kauf sein dürfte. Dann haben wir noch die Frage der Kontrastgestaltung und Schriftgröße, welche wiederum Kaufentscheidung für Menschen mit einer Sehschwäche relevant sind. Diese Liste lässt sich spielend um einige Dutzend Beispiele erweitern.
    Würde man alle diese Punkte in einer Rezension mit aufnehmen hätte man sicherlich den Text mit größten Informationsdichte geschrieben, der Antworten auf alle Fragen liefern würde. Nur leider wäre kaum noch jemand bereit einen solch umfangreichen Text zu lesen.
    Aus diesem Grund gehe ich davon aus das ein Autor sehr genau abwägt und bestimmte Punkte nur dann erwähnt wenn sie hervorstechen.
    Knapp heruntergebrochen geht es doch darum, dass der Text einen Sinn ergibt und keine blödsinnigen oder widersprüchlichen Formulierungen enthält. Deshalb bin ich sicher das jeder Verfasser einer Rezension, der etwas auf sich hält, sofort etwas an der Übersetzung beanstanden würde falls dies erforderlich wäre. Das hat nichts mit einer interessanten Einstellung meinerseits zu tun, sondern mit dem eigenen Qualitätsanspruch den ein Rezensent an seinen eigenen Text stellt.
    Wenn das naiv ist, bitteschön! – Vielleicht traue ich anderen Menschen auch einfach zu das sie wissen was sie tun.

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