[Rezension] Der Turm von Avempartha (Riyria 2)

Autor: Michael J. Sullivan
Verlag: Hobbit Presse – Klett-Cotta
Reihe: Riyria
Format: Klappbroschur, 394 Seiten
ISBN-10: 3608960139
ISBN-13: 978-3608960136

von: „Kris“ (Christel Scheja)

Abenteuerliche Fantasy-Geschichten in einem weniger phantasievollen und mehr mittelalterlichem Umfeld sind seit dem Erfolg der Fernsehserie „Game of Thrones“ ziemlich beliebt. Auch der Klett-Cotta-Verlag versucht, auf der aktuellen Welle mitzureiten und hat sich deshalb der „Riyria“-Serie von Michael J. Sullivan angenommen, von der im Original bereits sechs Bände existieren. Hier ist nun mit „Der Turm von Avempartha“ der zweite Band des Zyklus erschienen.

Klappentext:
„Keine von Menschenhand geschaffene Waffe kann dieses Ungeheuer töten.“

In einem Turm – ein uraltes Geheimnis.

Das Problem – ein Ungeheuer.

Die Rettung – zwei Diebe.

Hadrian und Royce möchten eigentlich nur ein paar Bauern in einer armen Gegend helfen. Doch plötzlich haben sie einen gefährlichen Auftrag am Hals und sind in die undurchschaubaren Pläne des Zauberers Esrahaddon verwickelt.

Die Story:
Nachdem in Melengar wieder Ruhe eingekehrt ist und der junge Herrscher Adric mit Hilfe seiner Freunde und Verbündeten seine Macht zu festigen versucht, ziehen Royce und Hadrian, die beiden Abenteurer wieder ihrer Wege und genießen die freie Zeit ohne Gefahren, denn sie wissen, die kann schnell wieder vorbei sein.

Schon bald werden sie von dem einfachen Bauernmädchen Thrace angesprochen. Deren Dorf wird schon eine ganze Weile von einem Ungeheuer überfallen, dass immer nur Nachts auftaucht, so dass niemand wirklich weiß, wie es aussieht. Ein Fremder, der seit einer Weile bei ihnen lebt, hat ihr geraten, sich an Royce und Hadrian zu wenden.

Vor allem Royce ahnt, dass bei der ganzen Sache etwas ziemlich gegen den Wind stinkt und bleibt skeptisch, aber Hadrian sagt aus Ritterlichkeit zu, denn der Auftrag scheint nicht so gefährlich zu sein. Doch schon bald muss auch er erkennen, dass weitaus mehr hinter der ganzen Sache steckt. Denn Esrahaddon, der einstmals mächtigste Zauberer der Welt, den sie selbst aus einem Kerker befreit haben, hat wieder seine Finge mit im Spiel.

Er deutet an, dass hier erneut Kräfte aus der Vergangenheit wirken, die eng mit seiner Mission und den Geheimnissen des untergegangenen Kaiserreichs verbunden sind und nun nicht nur ihn, sondern auch erneut die Kirche des Novron mit all ihren Intrigen und Machenschaften auf den Plan rufen.

Derweil versucht auch Prinzessin Arista nach der Thronbesteigung ihres Bruders einen Platz im Leben zu finden. Dieser besteht für sie allerdings nicht darin, mit einem möglichen Bündnispartner verheiratet zu werden, sondern selbstbestimmt durch die Lande zu ziehen – als Botschafterin Melengars.

Das Setting:
Wie auch schon der erste Teil ist der zweite in einer mittelalterlich anmutenden Welt angesiedelt. Die Schatten des vor gut tausend Jahren untergegangenen Imperiums werfen noch immer ihre Schatten über das Land, so dass der rote Faden weitergesponnen wird. Noch immer sind die Kirchenfürsten auf der Suche nach dem „Erben“, um ihn zur Marionette ihrer eigenen Interessen zu machen – und dazu bereit auch falsches Spiel zu treiben.

Auf der anderen Seite stehen wie immer die Adligen – Herrscher wie Fürsten, die natürlich nicht bereit sind, ihre Macht aus der Hand zu geben. Mittendrin steckt wie immer die einfache Bevölkerung in den Städten und Dörfern, die einzig und allein darauf hoffen, irgendwie überleben und ein halbwegs nettes Leben führen zu können.

Elfen und Zwerge gibt es zwar auch, sie führen aber eher ein Schattendasein und wurden von den Menschen entweder zu Sklaven und Handlangern gemacht oder ins Abseits gedrängt. Nur einige wenige bekommen überhaupt Gesicht und Stimme.

Anders als im ersten Band bewegen sich die Helden diesmal überwiegend zwischen den einfachen Leuten und müssen sich mit deren Ängsten und Aberglauben herumschlagen. Die höfische Ebene ist diesmal fast ganz auf Prinzessin Arista verlagert, die nach der Thronbesteigung ihres Bruders nun ein eigenes Ziel im Leben sucht.

Die Charaktere:
Wie immer stehen Royce und Hadrian im Mittelpunkt der Geschichte. Nachdem der Leser im ersten Band einen guten Eindruck von ihren Kenntnissen und Fähigkeiten bekommen hat, nutzt der Autor diesmal die Gelegenheit, ein wenig den Mantel der Verschwiegenheit über der Vergangenheit der beiden zu lüften. Das macht sie trotz der offen zur Schau gestellten Überlegenheit doch immer noch interessant genug, um ihr Schicksal weiter zu verfolgen. Immerhin dürfen sie – gerade Hadrian – gelegentlich auch noch Schwächen, wie Naivität zeigen, was sie nicht all zu sehr zu Superhelden macht und sympathisch bleiben lässt.

Man merkt ebenfalls, dass Thrace in einfachen Verhältnissen aufgewachsen ist – das Bauernmädchen hat zwar einen wachen Verstand und Träume, aber es kommt dabei doch nicht über einen gewissen Grad an Bildung heraus. So bildet sie einen gewissen Gegensatz zu den beiden Abenteurern, wird aber auch zur Mittlerin zwischen diesen und den Dorfbewohnern.

Auch Arista darf sich zunächst weiterentwickeln, bleibt dann aber in ihrer Entwicklung stehen, da sie nicht wirklich auf eigene Faust agiert, sondern sich immer noch ziemlich von den Männern in ihrer Umgebung, vor allem Esrahaddon und den Kirchenoberen lenken lässt.

Dazu kommt eine Vielzahl an Nebenfiguren, die nur so weit charakterisiert werden, wie es für die Handlung notwendig ist. Alles in allem bleiben die Charaktere von den Helden über die Schurken bis hin zu den Stichwortgebern relativ oberflächlich und sind eher dem Fluss der Geschichte untergeordnet als dass sie diesen bestimmen.

Mein Fazit:
Auch wenn die Hintergrundgeschichte weitergesponnen wird, lässt sich das Buch doch weitestgehend ohne die Kenntnis des ersten Bandes lesen, auch wenn es immer wieder entsprechende Anspielungen gibt. Viele, wenn auch nicht alle sind aber immerhin selbsterklärend.

Große Teile der Geschichte drehen sich um die Sorgen und Nöte des Dorfes und der einfachen Menschen, die von einem geheimnisvollen Monster bedroht werden, dessen Geheimnisse erst nach und nach ans Licht kommen. Die Handlung ist daher weitestgehend vorgezeichnet und dementsprechend leider gerade für erfahrene Leser keine besondere Überraschung.

Was die Spannung aufrecht erhält sind eher die Details, die kleinen Enthüllungen bezüglich des Monsters oder Esrahaddons Plänen, die Vergangenheit von Royce und Hadrian, die auch schon im ersten Band angerissen wurde und nicht zuletzt die Machenschaften des Adels im Hintergund, die in enger Verbindung zu den Ereignissen des ersten Bandes stehen.

Schwach dagegen ist die Handlungsebene um Arista, auch wenn nachvollziehbar ist, dass sie nach ihren letzten Erlebnissen noch nicht so recht weiß, was sie will und um ihren Platz in der adligen Gesellschaft kämpfen muss. Hier hat man gerade am Anfang eher das Gefühl, dass es sich nur um Füllszenen handelt.

Insgesamt lässt sich das Buch sehr gut lesen, ist unterhaltsam und flott geschrieben, lässt keine Langeweile aufkommen – aber man sollte keine all zu großen Überraschungen erwarten. Der Autor schafft es zwar hin und wieder die Leser auf eine falsche Fährte zu führen, wenn dann aber dann nicht für lange.

Auch wissen die gegnerischen Parteien überraschend viel voneinander, was zwar deren Aufeinandertreffen vereinfacht – aber auch viel von der Spannung nimmt.

Immerhin ist die Mischung angenehm abwechslungsreich – Enthüllungen wechseln sich mit Action oder längeren Dialogen ab, die Beschreibungen sind angemessen aber nicht erdrückend, so dass derjenige, der bei seiner Lektüre vor allem ein unterhaltsames und glatt gebügeltes Fantasy-Abenteuer sucht auf seine Kosten kommt, nicht aber der Leser, der ausgefeilte Charaktere mit Ecken und Kanten oder einen komplexen Hintergrund vorzieht.

Meine Wertung:
3,5 von 5 Dieben

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